In einem populären Reiseführer wird die Fußgängerzone von Herning in Mitteljütand als „quirlig“ bezeichnet. Was zu beweisen war.
Nähert man sich der Hauptstraße Ostergade vom Westen, also vom Parkplatz Mollegrillen, dann hat man erst einmal ein Déjà-vu: Ein Friseurgeschäft folgt auf das andere. Für Rentner kostet der Haarschnitt zehn Kronen (1,34 Euro) weniger.
Auf der linken Seite der Fußgängerzone ist ein exklusives Haushaltswarengeschäft. Schräg gegenüber taucht ein Modegeschäft auf. Der Winterschlussverkauf in Herning hat begonnen. Undsalg, Ausverkauf, minus 20 bis 50 Prozent. Oder Spar 50%. Etwas überraschend werden die Textilwaren auch im Januar zusätzlich auf der Straße angeboten. Das Preisniveau in Dänemark ist ja generell höher als bei uns, die Herren-Jacken sind jedoch auf vernünftige 70 Euro (umgerechnet) reduziert. Wir gehen einfach mal rein in den Laden. „Oh ja, wir merken die Weltmeisterschaft. Ein paar Mal am Tag kommen deutsche Touristen zu uns ins Geschäft“, erzählt ein Berater. Er hat von einem Kollegen gehört, dass sich auch ein deutscher Handballer umgeschaut hat. „Unser Geschäft ist eines der ältesten in der Straße“, betont er. Qualität ist Trumpf in der Ostergade. Ein Laden mit Fan-Artikeln der dänischen Handball-Stars darf (natürlich) nicht fehlen.
An diesem Morgen haben auch die dänischen Spieler Zeit, einige von ihnen laufen uns schlendernd und plaudernd entgegen. An den dänischen Assen kommt man im Zentrum sowieso nicht vorbei, das Konterfei der Handballer prangt überlebensgroß am Messezentrum. Das vielleicht schönste Gebäude ist das alte Rathaus, davor leuchtet der Name Herning. Keine Platzfrage: Ein Riesen-Supermarkt findet sich mitten in der Fußgängerzone, bei uns müssen sich die Discounter ja bescheiden.
Zeit für einen Kaffee. Wir finden nur mit Mühe einen Platz. „Wir können auch auf Deutsch weitersprechen“, sagt die junge Frau, als ich mir ein Franskgrovstykke bestellen will. Ein Franskgrovstykke ist ein Mehrkornbrötchen. Wobei: Die Alm Bolle sieht auch lecker aus. Das ist ein Art Hefebrötchen. Sie spricht Deutsch, weil sie einige Zeit in Berlin studierte, dort ihren Master in Literatur machte und in Kreuzberg lebte. Es hat ihr sehr gut gefallen, sie kam gerade zurück. Nun schreibt sie ihre Doktorarbeit.
Die beste Herberge am Platz ist das Eyde Hotel, es sieht sehr ansprechend aus. Für die Zeit der Weltmeisterschaft wird ein Übernachtungspreis von 312 Euro aufgerufen.
Das Theater spielt „Albert war hier“. Am Ende der Einkaufsstraße kommt dann die mutmaßliche Partymeile: Restaurants und Kneipen zuhauf. Der irische Pub „Murphy’s“ wirbt mit dem Slogan „Wir heißen alle Handball-Fans willkommen“.
Eine quirlige Straße? Absolut!