Ohne Termin, ohne Eile: Der Impfbus des Landkreises steht erstmals in einem Ort in der Region. Viele Menschen nutzen das neue Angebot sich gegen Covid-19 impfen zu lassen. Wartende sagen, warum sie anstehen und wie sie vom Impfbus erfahren haben. Experten erklären, warum der Versuch wohl gelungen ist.
Wohlgemerkt Bratwürste sind es nicht, für die sich Menschen am Freitagvormittag auf dem Parkplatz vor einem Rewe-Supermarkt in Küps hintereinander anstellen. Doch wünschen sich einige, die sich im warmen Schein der Sommersonne der Reihe angefügt haben, eben, dass ihnen nach der letzten Kurve der Menschenreihe eine dampfende Bratwurst in die Hand gereicht wird. Zusätzlich zur Impfung gegen Covid-19 versteht sich. Dafür drängen sich Männer, Frauen, Familien, Geschäftsleute und Senioren auf einem Teil des Parkplatzes eigentlich.
Freilich für eine Bratwurst ist Detlef Langold die zehn Minuten von Redwitz an der Rodach im Landkreis Lichtenfels nicht zu einem Parkplatz nach Küps gefahren. Er möchte sich gegen Covid-19 impfen lassen. „Weil ich sonst gar nichts mehr machen kann“, sagt er. Jetzt im Sommer in den Urlaub zu fahren sei kaum möglich. Er lässt sich an diesem Freitagvormittag erstmals impfen. Aufgeregt? Nein, sagt er während vor ihm der erste Mann in der Reihe in den weißen Impfbus, der eigentlich ein Anhänger, eine Rettungsstation des Roten Kreuzes, ist, einsteigt. Gut sei das, dass es nun mobile Impfstationen gibt. „Das hätte der Staat schon viel früher machen sollen“, fügt er an. Für Menschen mit Beeinträchtigungen und fortgeschrittenen Alters sei der Weg zum Impfzentrum in Kronachs Gewerbegebiet beschwerlich. Achja, auch vor Impfreaktionen habe er keine Angst, sagt Langold. Ihn freue viel mehr, dass er bald wieder problemlos verreisen kann. Dann ist er der Erste in der Reihe.
Einmal Johnson
Eine der beiden Krankenschwestern des Impfbusses bittet ihn, in die fahrende Außenstelle des Kronacher Impfzentrums. Er steigt in den Wagen, vorbei an der silbernen Rampe für Rollstuhlfahrer und setzt sich auf die Liege des mobilen Praxisraums. Der umfasst alles, was eine Arztpraxis, die nicht fährt, auch hat. Anmeldung, Computer, Stifte, Zettel, silberne Schalen mit medizinischen Gegenständen wie Pflastern, einen Arzt und zwei Krankenschwestern. Eine der beiden nimmt aus eben einer silbernen Schale eine Spritze, weiß und durchsichtig. In ihr ist eine Dosis Impfstoff aufgezogen. „Einmal Johnson“, sagt sie, um den Patienten darauf vorzubereiten, was sie ihm gleich in den Oberarm spritzen wird. Sie sagt es wohl auch, um ihm nicht den falschen Impfstoff zu verabreichen. Denn die Impfwilligen dürfen an diesem Freitagvormittag zwischen den Präparaten von Biontech und eben Johnson&Johnson wählen. Die mit jeweils einem Vakzin aufgezogenen Spritzen liegen in zwei der silbernen Schalen bereit. Auf eine davon ist der schwarz-grüne Schriftzug „Biontech“ geklebt, auf die andere der weiß-pinke „Johnson & Johnson“. In den Schalen Spritzen mit den jeweiligen Impfstoffen. Fehler nahezu ausgeschlossen. Ganz frei dürfen die Menschen in der Reihe vor dem Impfbus ihr Vakzin jedoch nicht wählen.
Recht positiv für ein kleines Team
Wer bereits einmal geimpft ist, dürfe nur das Präparat erhalten, das mit dem seiner Erstimpfung verträglich ist, sagt Ralf Schmidt, Ehrenamtsmanager des Roten Kreuzes. Er organisiert die Impfkampagne im Landkreis mit. Im Impfbus arbeiten laut Schmidt die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des mobilen Impfteams des Impfzentrums. Sie haben zu Beginn der Impfkampagne Bewohnerinnen und Bewohner der Altenheime im Landkreis geimpft. Zudem haben sie in den Außenstellen des Impfzentrums Vakzine verabreicht. Nun habe man sich entschieden, lediglich die Vakzine von Biontech und Johnson&Johnson zu spritzen, da das Präparat von Biontech gekühlt transportiert werden darf und das von Johnson&Johnson nur einmal verabreicht werden muss, sagt Schmidt, der seine Kollegen des Impfbusses gegen Mittag besucht. Bilanz? „30 Impfungen sind recht positiv für so ein kleines Team“, sagt Schmidt. Am Freitag dürfte wohl jeder Anstehende einmal geimpft worden sein. Denn „an Impfstoff mangelt es nicht“, sagt er auch. Bei der ersten Station des Impfbusses habe man Erfahrungswerte sammeln wollen, beobachten „wie sich die Sache entwickelt“. Das Wissen um die Impfbereitschaft nutzen Schmidt und seine Kollegen, um den kommenden Termin des Impfbusses vorzubereiten (siehe Infokasten). Durch den ersten Termin habe man testen wollen, wie viele Menschen sich im Impfbus Vakzin verabreichen lassen.
Schmidt ist mit dem Gedränge auf dem Parkplatz zufrieden. „Wenn es so weitergeht, wäre es recht cool“, sagt er. Denn sein Bus ist bekannt. Er habe Anfragen aus anderen Landkreisen erhalten, ihn zu verleihen. Das sei natürlich nicht möglich, fügt er an. Bekannt haben den Bus Pressemitteilungen und Banner in den Orten des Landkreises werden lassen.
Ein paar rosa Blätter
Otto Meyer hingegen hat von einem seiner Freunde erfahren, dass der Impfbus am Freitag in Küps steht. „Ich möchte in zwei Wochen in die Vereinigten Staaten reisen“, sagt er über den Grund sich impfen zu lassen während er in der Vormittagssonne wartet. Er habe im Impfzentrum angerufen, gefragt, welche Impfstoffe zur Verfügung stehen. Dann habe er Johnson&Johnson gewählt, da er bereits mit dem Präparat von Astrazeneca geimpft ist. Mitgebracht hat er lediglich seinen Ausweis. Einen Termin braucht keiner der Wartenden. Einige haben ihren Impfpass mitgenommen. Meyer wartet mit einem schwarzen Klemmbrett in der Hand. Darin: Einverständniserklärung und Rechtsbelehrung. Ein paar der rosa Blätter muss er unterschreiben. Abgeholt hat er sie bei Andreas Richter.
Der Soldat eines Logistikbataillons der Bundeswehr verteilt die Zettel an die Impfwilligen, hilft ihnen dabei sie auszufüllen und betreut an einer Bierbank vor dem Bus Menschen, die sich nach der Impfung zehn Minuten hinsetzen und ausruhen. Das rät Impfarzt Johannes Brühler den Patienten. Brühler, eigentlich Frauenarzt in Kronach, hat zwar keine Zeit zu reden – er muss ja impfen – lässt sich jedoch während der Arbeit beobachten.
Und dann ist da noch ein Mann, der zwar nicht seinen Namen in der Zeitung lesen möchte, jedoch sagt, dass er im nördlichen Landkreis wohnt. „Wenn’s hier noch Bratwürste gäbe, das wäre mal was“, sagt er. Auf die habe er sich gefreut, als Soldat Richter Utensilien aus dem Bus geholt hat. Letztlich war es ein Stapel Klemmbretter, keine Bratwürste. „Das ist doch ein guter erster Tag“, sagt Richter zu seinem Kameraden in Flecktarnuniform, als er um 11 Uhr die Klemmbretter auf einen Tisch neben den Bus legt. Sieben Stunden werden die Soldaten sie an diesem Freitag noch an Wartende verteilen.