Letztes Update:
20210717073655

Impfdrang in Küps

16:50
16.07.2021
Ohne Termin, ohne Eile: Der Impfbus des Landkreises steht erstmals in einem Ort in der Region. Viele Menschen nutzen das neue Angebot sich gegen Covid-19 impfen zu lassen. Wartende sagen, warum sie anstehen und wie sie vom Impfbus erfahren haben. Experten erklären, warum der Versuch wohl gelungen ist.

Wohlgemerkt Bratwürste sind es nicht, für die sich Menschen am Freitagvormittag auf dem Parkplatz vor einem Rewe-Supermarkt in Küps hintereinander anstellen. Doch wünschen sich einige, die sich im warmen Schein der Sommersonne der Reihe angefügt haben, eben, dass ihnen nach der letzten Kurve der Menschenreihe eine dampfende Bratwurst in die Hand gereicht wird. Zusätzlich zur Impfung gegen Covid-19 versteht sich. Dafür drängen sich Männer, Frauen, Familien, Geschäftsleute und Senioren auf einem Teil des Parkplatzes eigentlich.

Freilich für eine Bratwurst ist Detlef Langold die zehn Minuten von Redwitz an der Rodach im Landkreis Lichtenfels nicht zu einem Parkplatz nach Küps gefahren. Er möchte sich gegen Covid-19 impfen lassen. „Weil ich sonst gar nichts mehr machen kann“, sagt er. Jetzt im Sommer in den Urlaub zu fahren sei kaum möglich. Er lässt sich an diesem Freitagvormittag erstmals impfen. Aufgeregt? Nein, sagt er während vor ihm der erste Mann in der Reihe in den weißen Impfbus, der eigentlich ein Anhänger, eine Rettungsstation des Roten Kreuzes, ist, einsteigt. Gut sei das, dass es nun mobile Impfstationen gibt. „Das hätte der Staat schon viel früher machen sollen“, fügt er an. Für Menschen mit Beeinträchtigungen und fortgeschrittenen Alters sei der Weg zum Impfzentrum in Kronachs Gewerbegebiet beschwerlich. Achja, auch vor Impfreaktionen habe er keine Angst, sagt Langold. Ihn freue viel mehr, dass er bald wieder problemlos verreisen kann. Dann ist er der Erste in der Reihe.

Einmal Johnson

Eine der beiden Krankenschwestern des Impfbusses bittet ihn, in die fahrende Außenstelle des Kronacher Impfzentrums. Er steigt in den Wagen, vorbei an der silbernen Rampe für Rollstuhlfahrer und setzt sich auf die Liege des mobilen Praxisraums. Der umfasst alles, was eine Arztpraxis, die nicht fährt, auch hat. Anmeldung, Computer, Stifte, Zettel, silberne Schalen mit medizinischen Gegenständen wie Pflastern, einen Arzt und zwei Krankenschwestern. Eine der beiden nimmt aus eben einer silbernen Schale eine Spritze, weiß und durchsichtig. In ihr ist eine Dosis Impfstoff aufgezogen. „Einmal Johnson“, sagt sie, um den Patienten darauf vorzubereiten, was sie ihm gleich in den Oberarm spritzen wird. Sie sagt es wohl auch, um ihm nicht den falschen Impfstoff zu verabreichen. Denn die Impfwilligen dürfen an diesem Freitagvormittag zwischen den Präparaten von Biontech und eben Johnson&Johnson wählen. Die mit jeweils einem Vakzin aufgezogenen Spritzen liegen in zwei der silbernen Schalen bereit. Auf eine davon ist der schwarz-grüne Schriftzug „Biontech“ geklebt, auf die andere der weiß-pinke „Johnson & Johnson“. In den Schalen Spritzen mit den jeweiligen Impfstoffen. Fehler nahezu ausgeschlossen. Ganz frei dürfen die Menschen in der Reihe vor dem Impfbus ihr Vakzin jedoch nicht wählen.

Recht positiv für ein kleines Team

Wer bereits einmal geimpft ist, dürfe nur das Präparat erhalten, das mit dem seiner Erstimpfung verträglich ist, sagt Ralf Schmidt, Ehrenamtsmanager des Roten Kreuzes. Er organisiert die Impfkampagne im Landkreis mit. Im Impfbus arbeiten laut Schmidt die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des mobilen Impfteams des Impfzentrums. Sie haben zu Beginn der Impfkampagne Bewohnerinnen und Bewohner der Altenheime im Landkreis geimpft. Zudem haben sie in den Außenstellen des Impfzentrums Vakzine verabreicht. Nun habe man sich entschieden, lediglich die Vakzine von Biontech und Johnson&Johnson zu spritzen, da das Präparat von Biontech gekühlt transportiert werden darf und das von Johnson&Johnson nur einmal verabreicht werden muss, sagt Schmidt, der seine Kollegen des Impfbusses gegen Mittag besucht. Bilanz? „30 Impfungen sind recht positiv für so ein kleines Team“, sagt Schmidt. Am Freitag dürfte wohl jeder Anstehende einmal geimpft worden sein. Denn „an Impfstoff mangelt es nicht“, sagt er auch. Bei der ersten Station des Impfbusses habe man Erfahrungswerte sammeln wollen, beobachten „wie sich die Sache entwickelt“. Das Wissen um die Impfbereitschaft nutzen Schmidt und seine Kollegen, um den kommenden Termin des Impfbusses vorzubereiten (siehe Infokasten). Durch den ersten Termin habe man testen wollen, wie viele Menschen sich im Impfbus Vakzin verabreichen lassen.

Schmidt ist mit dem Gedränge auf dem Parkplatz zufrieden. „Wenn es so weitergeht, wäre es recht cool“, sagt er. Denn sein Bus ist bekannt. Er habe Anfragen aus anderen Landkreisen erhalten, ihn zu verleihen. Das sei natürlich nicht möglich, fügt er an. Bekannt haben den Bus Pressemitteilungen und Banner in den Orten des Landkreises werden lassen.

Ein paar rosa Blätter

Otto Meyer hingegen hat von einem seiner Freunde erfahren, dass der Impfbus am Freitag in Küps steht. „Ich möchte in zwei Wochen in die Vereinigten Staaten reisen“, sagt er über den Grund sich impfen zu lassen während er in der Vormittagssonne wartet. Er habe im Impfzentrum angerufen, gefragt, welche Impfstoffe zur Verfügung stehen. Dann habe er Johnson&Johnson gewählt, da er bereits mit dem Präparat von Astrazeneca geimpft ist. Mitgebracht hat er lediglich seinen Ausweis. Einen Termin braucht keiner der Wartenden. Einige haben ihren Impfpass mitgenommen. Meyer wartet mit einem schwarzen Klemmbrett in der Hand. Darin: Einverständniserklärung und Rechtsbelehrung. Ein paar der rosa Blätter muss er unterschreiben. Abgeholt hat er sie bei Andreas Richter.

Der Soldat eines Logistikbataillons der Bundeswehr verteilt die Zettel an die Impfwilligen, hilft ihnen dabei sie auszufüllen und betreut an einer Bierbank vor dem Bus Menschen, die sich nach der Impfung zehn Minuten hinsetzen und ausruhen. Das rät Impfarzt Johannes Brühler den Patienten. Brühler, eigentlich Frauenarzt in Kronach, hat zwar keine Zeit zu reden – er muss ja impfen – lässt sich jedoch während der Arbeit beobachten.

Und dann ist da noch ein Mann, der zwar nicht seinen Namen in der Zeitung lesen möchte, jedoch sagt, dass er im nördlichen Landkreis wohnt. „Wenn’s hier noch Bratwürste gäbe, das wäre mal was“, sagt er. Auf die habe er sich gefreut, als Soldat Richter Utensilien aus dem Bus geholt hat. Letztlich war es ein Stapel Klemmbretter, keine Bratwürste. „Das ist doch ein guter erster Tag“, sagt Richter zu seinem Kameraden in Flecktarnuniform, als er um 11 Uhr die Klemmbretter auf einen Tisch neben den Bus legt. Sieben Stunden werden die Soldaten sie an diesem Freitag noch an Wartende verteilen.

Verdacht auf Maskenbetrug: Verdächtiger ist FW-Politiker

16:46
16.07.2021
Dem bayerischen Landesamt für Gesundheit sind laut Staatsanwaltschaft Millionen OP-Masken mit gefälschter Zertifizierung untergejubelt worden. Zwei Verdächtige wurden festgenommen. Einer der beiden - so wird am Freitag deutlich - ist ein Kommunalpolitiker.

Bei einem der beiden Geschäftsleute aus der Oberpfalz, die wegen Verdachts auf Betrug mit Corona-Schutzmasken festgenommen wurden, handelt es sich um einen Kommunalpolitiker der Freien Wähler. Der Mann sei Mandatsträger auf kommunaler Ebene, teilte der Landesvorstand der Freien Wähler am Freitag mit, ohne nähere Details zur Identität des Mannes zu nennen.

Der Landesvorstand habe dem Verdächtigen nahegelegt, seine Parteiämter sowie seine Mitgliedschaft bis zur Klärung des Verdachts ruhen zu lassen. Bis dahin gelte auch von Seiten der Partei die Unschuldsvermutung. Der FW-Landesvorstand teilte weiter mit, dass zwischen dem Beschuldigten und dem Gremium aktuell kein Kontakt bestehe. Weitere Erkenntnisse lägen dem Parteivorstand nicht vor.

Das von Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger geführte Wirtschaftsministerium teilte am Freitag mit, einer der beiden Verdächtigen habe sich auch hilfesuchend an den Minister gewandt. Ob es sich dabei um den FW-Politiker handelte, wurde nicht deutlich. "Einer der Beschuldigten hat sich im Frühjahr 2020 mehrfach an mich gewandt und um Hilfe bei seinen Maskenlieferungen gebeten, nachdem er mit LGL in Geschäftskontakt getreten war", wird Aiwanger in einer Mitteilung seines Ministeriums zitiert. Die Abkürzung LGL steht für das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Aiwanger sei der Bitte nicht nachgekommen und habe das Anliegen an das LGL weitergeleitet.

Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth hatte am Donnerstag mitgeteilt, die beiden Geschäftsleute im Alter von 31 und 33 Jahren aus Neumarkt seien in Untersuchungshaft genommen worden. Ihnen werde vorgeworfen, Millionen Schutzmasken an das bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) verkauft zu haben, wobei aber die Zertifizierungen gefälscht gewesen sein sollen. Bei einer Razzia am Mittwoch waren mehrere Wohn- und Geschäftsräume im Raum Neumarkt in der Oberpfalz durchsucht worden.

Die beiden Geschäftsführer einer Firma sollen im April vergangenen Jahres die Masken in mehreren Tranchen an das LGL verkauft haben. Laut Staatsanwaltschaft besteht der Verdacht, dass die Masken aber - anders als angegeben - nicht dem europäischen Schutzstandard mit entsprechender Zertifizierung entsprachen. Stattdessen seien es nur sogenannte Community-Masken ohne Zertifizierung gewesen. Die Beschuldigten sollen allerdings eine gefälschte Bestätigung der Qualität vorgelegt haben.

Die Masken, die eigentlich für den medizinischen Bedarf vorgesehen waren, sollen daher ungeeignet gewesen sein, hieß es von der Staatsanwaltschaft. Laut LGL handelte es sich dabei aber nicht um FFP2- sondern um sogenannte OP-Masken. Ob die ungeeigneten Masken zum Einsatz kamen, blieb zunächst offen. Der Schaden soll nach Angaben der Staatsanwaltschaft im Millionenbereich liegen.

In den ersten Monaten der Corona-Pandemie waren Schutzmasken Mangelware und wurden teils zu hohen Preisen verkauft. Laut früheren Angaben von Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) waren zwischen Februar und Juni 2020 von verschiedenen Anbietern rund 150 Millionen Schutz- und OP-Masken im Wert von über 270 Millionen Euro bestellt worden.