Montag, 30. März, Fortsetzung vom Vortag und Schluss. Wem die häusliche Einsiedelei verhindert oder erschwert wird, weil er oder sie als Mitglied einer Familie zuhause jetzt unvermeidlich dem ständigen Miteinander ausgeliefert ist, dem stellt sich die Situation anders dar. Da kommt die Frage auf, was schwerer zu ertragen ist: Isolation oder das unausweichliche Zusammensein in der Kernfamilie 24 Stunden am Tag? Nur noch Nähe, kein Abstand, keine Distanz mehr durch die bei der Arbeit oder in der Schule verbrachten Stunden. Kann man das aushalten?
Eher schwierig, aber wenn’s jetzt öfter zu Streitereien kommt, warum nicht? Alleinlebende haben diesen Luxus nicht. Mit wem sollten sie streiten? Auch wenn Streiten irgendwie keinen Spaß macht und ein ungutes Gefühl hinterlässt, erleben wir doch im Streit auf andere Art Beziehung. Der, mit dem wir streiten, hat eine Beziehung zu uns, er hält es für wichtig, klarzustellen, wie er die Situation sieht. Also sind wir ihm nicht egal. Das ist doch was Gutes! Lob des Streites!
Und überhaupt, dass Familien jetzt zwangsweise viel mehr Zeit zusammen verbringen als gewöhnlich, eröffnet neben dem Konfliktpotential doch auch schöne Seiten. Spaziergänge zu dritt, viert, fünft mit Kindern sind erlaubt und tun so gut, Spieleabende statt Babysitter und Quatschen mit Freunden, Osterbasteleien mit den Kindern, mal ausführliche Telefonate mit Omi und Opi oder einsamen Tanten, verlängerte Vorlesestunden, mal wieder CDs oder Hörspiele hören, tanzen im beengten Wohnzimmer, ausführlich kuscheln – das alles und viele weitere Dinge (fragen Sie Ihre Kinder!) schweißt die Familien ganz neu zusammen.
Fokus aufs Wesentliche – unsere Familie!
(Auszug aus einem Essay von Julia Koukal, Esslingen)