Dabei ist die Wahrheit an sich, so Streeck, ein Wert, den man nie erreichen kann. Und genau das macht die Wissenschaft aus: Man muss Beweise suchen, Modelle entwickeln, diese überprüfen und möglicherweise falsifizieren, wieder neue Beweise suchen und immer so weitermachen. Dass man sich der Wahrheit immer nur nähert, sie aber nie ultimativ festlegen kann, ist für Streeck genau das, was die Wissenschaft ausmacht. Doch gerade das wird nur selten kommuniziert. Auch Charles Darwin oder Galileo Galilei haben Thesen aufgestellt, die anfangs nicht von der Mehrheit akzeptiert wurden, aber die heute zum Allgemeinwissen gehören – die Wahrheit ist eben immer ein Weg. Und auf diesem Weg passieren Fehler, die man umarmen sollte, weil gerade sie einen weiterbringen.
Genau wie die Wissenschaft sollten auch Unternehmen arbeiten: Man muss Prototypen finden, sich an den möglichen Kund:innen orientieren und immer, immer wieder die Modelle hinterfragen und verbessern anstatt gleich die ultimative Lösung zu suchen. Expert:innen sollten miteinander nicht gegeneinander arbeiten, um die besten Ergebnisse zu erhalten statt nur die meisten Forschungsgelder. Ein bisschen wie bei Start Trek eben, wenn in der Föderation alle zusammenarbeiten – und wie das teilweise schon geschehen ist: „Wir haben bei Covid gesehen, wie die Weltgemeinschaft reagieren kann – und das müssen wir auch bei HIV anwenden.“ Jahrelang war das HIV-Virus ein Todesurteil, heute kann man mit Medikamenten weiterleben – aber eben nur mit Medikamenten. Bekämpft ist AIDS noch lange nicht, dafür braucht es noch mehr gemeinsamen Einsatz der ganzen Weltgemeinschaft und all ihrer Expert:innen.
In seinem Interview mit Helena Ernst verrät Streeck noch mehr darüber, wie es ihm mit der Kritik rund um sich und seiner Studie ging, warum er ein „Journal of negative Results“ herausbringen wollte und warum er sich überhaupt mehr Star Trek für die Gesellschaft wünscht! All das kann man im ganzen Video anschauen. Es lohnt sich!