Wir hoffen noch immer täglich, dass unser Telefon morgens nicht klingelt. Wir haben nichts gegen das Telefonieren an sich – im Gegenteil: Schließlich nutzen wir diese Art der Gespräche allein aus beruflichen Gründen zuhauf. Unser Problem liegt woanders – und wir sind damit nicht allein. Derzeit gibt es täglich neue Corona-Infektionen in unserem Umfeld: Verwandte, Freunde, Klassen- oder Sportkameraden der Kinder – immer mehr sind von der aktuellen Welle betroffen. Und meist werden diese Fälle beim Klassentest vor Unterrichtsbeginn entdeckt – mit anschließendem Anruf bei den Eltern. Viele unserer Bekannten geben deshalb zu, fast schon Angst vor ihrem Handy zu haben, wenn es morgens klingelt, brummt oder auch mit den Klängen des AC/DC-Klassikers „Highway to hell“ zum Annehmen des Gesprächs auffordert. Doch mit welchen Tönen auch immer: Wer als Familie bislang von dem Virus verschont worden ist, muss angesichts explodierender Zahlen wohl spätestens jetzt mit einem positiven Test und Anruf rechnen. Fast 24 Monate lang haben wir auf gesellige Runden, Reisen, Konzerte, Abschlussbälle der Kinder, Fußballturniere, Geburtstage und vieles mehr verzichtet, drei Spritzen mit Nebenwirkungen ertragen, Abstand gehalten sowie Warn-Apps aktiviert – und jetzt erwischt uns mit Omikron der 15. Buchstabe des griechischen Alphabets? Wir haben Alpha, Beta, Gamma, Delta, Epsilon, Zeta, Eta, Theta, Iota, Kappa, Lambda und My überstanden (und laut Reihenfolge Ny und Xi übersprungen), um nun abgewatscht zu werden? Echt jetzt? An dieser Stelle muss gesagt werden: Die Pandemie und eine Corona-Infektion sind wahrlich nicht lustig, sie haben viel Unheil gebracht, Menschen das Leben gekostet, andere den Job oder die Existenz. Doch trotzdem haben wir uns auch nach fast zwei Jahren vorgenommen, den Humor nicht zu verlieren. Und vor allem nicht aufzugeben. Wir schaffen das: Wenn unser Telefon klingelt, weil der Schnelltest eines unserer Kinder positiv ist, werden wir den Anruf erhobenen Hauptes entgegennehmen, den Nachwuchs in Quarantäne oder Isolierung versorgen und uns wieder dem Homeschooling widmen, als sei es unser Beruf. Uns bleibt die Hoffnung, dass die Kleinen eine Infektion oft leichter wegstecken als Ältere, das Pandemie-Leben ist für unsere Sprösslinge ja schon völlig normal. Als wir unserem Sohn jedenfalls neulich erklären, dass Omikron der 15. Buchstabe des griechischen Alphabets ist, fragt er trocken: „Und was kommt, wenn das Alphabet fertig ist?“ Wir hoffen, dass die 24 Buchstaben nicht aufgebraucht werden – jetzt müssen wir erstmal Omikron überstehen, mit Anruf oder ohne. Bleiben Sie gesund und fröhlich!
Eva Baumgartner