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Tagebuch (15): "Sweet Caroline" in der Endlosschleife

13:02
28.01.2025
Auch am Mittwochabend gibt es kein Vorbeikommen. Keine Chance. Selbst wenn ich es mir so sehnlichst wünsche. Es wird vergebens sein. Widerstand zwecklos. Irgendwann in der Unity Arena in Oslo gibt mir die süße Caroline wieder Saures. Dann ertönt das Lied „Sweet Caroline“ mit der Refrainzeile:
Sweet Caroline. (Oh, oh!) Good times never seemed so good. I've been inclined. (Oh, oh!) To believe they never would.
Oh, oh. Übersetzt heißen die Zeilen: „Süße Caroline. Gute Zeiten schienen nie so gut. Ich war geneigt zu glauben, sie würden es nie.“ Oh, oh. Werter Neil Diamond, da haben sie ganz schön was angestellt.
Der große amerikanische Singer-Songerwriter schrieb den Gassenhauer bereits im Jahr 1969, und durch diverse Sportveranstaltungen ist das Lied immer noch populär. Kein Handball-Turnier im Januar ohne diesen Evergreen. Und die Zuschauer singen begeistert mit und wippen im Takt und sind glücklich.
Nichts gegen Neil Diamond, wirklich nicht. Ich mag das Album „Beautiful Noise“ aus dem Jahr 1976 sehr, ich finde „If you know what I mean“ ist auch heute noch eine Ballade, die sich hören lassen kann.
Aber „Sweet Caroline“? Dieses Lied in der Endlosschleife? Das ist schon hart. Bei jeder WM, bei jeder EM. Bei jedem Spiel.
Süße Caroline, nicht böse sein. Aber es reicht. Doch welcher Song könnte eine Alternative sein? „Is this the way to Amarillo“? Nein, bitte nicht! „Stars“ von Coldplay? Nein, zu romantisch, mit all den Feuerzeugen. „Give me a man after midnight“ von Abba? Schon besser. „Major Tom“. Leider anderweitig belegt.
Wirklich schwierig. Wobei, da fällt mir gerade ein, es geht ja noch unpassender. „We are the champions“ bei einem Hauptrundenspiel, nein, ist ziemlich daneben. „Atemlos durch die Nacht“. Das trifft zwar auf die dänischen Handballer zu, aber: 2014, Frau Fischer, ist jetzt auch schon ein Weilchen her.
Also gut, süße Caroline. Augen (Ohren!) zu und durch, am Mittwoch.

Udo Schöpfer

Udo Schöpfer

Tagebuch (14): Die weite Reise nach Oslo

13:28
27.01.2025
Es war schon dunkel, als wir am Sonntag in Oslo eintrafen. Die Reise hat sich doch hingezogen. „Da wird nicht viel los sein auf der Fähre. An einem Sonntag im Januar, wer fährt denn da schon von Dänemark aus mit dem Schiff nach Norwegen?“, meine ich im Gespräch zu meinem Kollegen Rolf Bernardi. Ha! Ein Irrtum. Die Fähre, dieses Ungetüm, war vollgepackt. Mit Autos und mit vielen Gästen sowie mit vielen, vielen Kindern.
Wir erhielten einen Parkplatz im Oberdeck zugeteilt, bis wir am Ende die Fähre verlassen konnten, vergingen fast 20 Minuten. Erst die Lastwagen, dann die Autos vom Unterdeck links. Dann wir von rechts oben. Was für eine präzise Choreographie.
Die Überfahrt von Hirtshals in Dänemark nach Larvik in Norwegen dauerte fast vier Stunden. Die See war ruhig, es war kein turbulenter Wellengang. Bereits um 8.30 Uhr verließen wir Herning und machten uns auf den Weg. Ein schnelles Frühstück, Koffer ins Auto und dann los.
Nun verstehe ich auch den Witz, von den Dänen, die bereits am Freitag wissen, wer am Sonntag zu Besuch kommt. Die Straße aus Herning raus war wie ein sehr, sehr langer Strich, es war vielleicht die geradeste Straße, auf der ich je gefahren bin. Links und rechts der Landstraße waren zuweilen supermoderne Bürogebäude, meiner Ansicht sind dort viele IT-Firmen untergebracht. Dänemark scheint in der Neuzeit angekommen.
An Bord der Fähre waren auch die Kollegen von ARD und ZDF, das war keine Überraschung, denn auf der Autobahn in der Nähe von Aarlborg überholten wir zwei Lastwagen des Westdeutschen Rundfunks mit dem Equipment. Auf dem Weg zu einem kleinen Snack traf ich Andreas Michelmann, den Präsidenten des Deutschen Handballbundes, und Jörg Föste, den Geschäftsführer des Bergischen HC und Vize im DHB. Wir sind uns schon mehrmals über den Weg gelaufen. „Bald haben wir es geschafft“, sagte ich zu den Herrschaften – und meinte die Überfahrt. „Ein bisschen weiter kann es schon noch gehen“, sagte Andreas Michelmann und meinte das Viertelfinale am Mittwoch, verbunden mit der Hoffnung, noch eine Runde weiter zu ziehen.
Diese komplizierte Sprache!
Auch auf dem Landweg nach Oslo und in Oslo selbst ging alles gut. Rolf Bernardi ist der beste WM-Copilot aller Zeiten, und wir fanden unsere neue Unterkunft recht problemlos. Nach zwölf Tagen im beschaulichen Herning ist die norwegische Hauptstadt nun eine ganz andere Welt. Den ersten Spaziergang um das Hotel brachen wir, jeder für sich, ganz schnell wieder ab. Nach den Schneefällen der vergangenen Tage und dem Frost lag immer noch zentimeterdickes Eis auf den Gehwegen.
Achtung Rutschgefahr. Und so begann das nächste Abenteuer notgedrungen mit einer Rolle rückwärts. Rasch zurück aufs Zimmer und mit fast leerem Magen ins Bett. 

Udo Schöpfer