Janine Merz (SPD): Die letzten Stunden seien "eine Farce" gewesen.

Tilo Kummer (BSW): "Jeder Abgeordnete ist gleich. Die Verfassung sagt, dass die Abgeordneten ein Selbstorganisationsrecht haben, sie sind nicht gebunden an Dinge, die frühere Abgeordnete einmal festgelegt haben. Herr Treutler, Sie erklären dieses Parlament für unmündig. Ihre Rechtsauffassung verstößt gegen die freie Mandatsausübung aller 88 Abgeordneten."

Andreas Bühl (CDU): "Der Landtag kann jederzeit seine Organisation ändern, und zwar ab dem Moment, in dem die Abgeordneten zusammentreten. Ihre Aufgabe ist es, die Funktion des Parlaments zu ermöglichen. Sie haben dem Landtag großen Schaden zugefügt. Sie haben Ihre Funktion als Alterspräsident deutlich überhöht. Sie schränken unsere Freiheit des Mandats ein."  

Markus Ermert

Die Glocke klingelt. Es geht wieder weiter. Treutler gibt jeder Fraktion die Gelegenheit, ihre Rechtsauffassung zur Tagesordnungs-Frage in einem Wortbeitrag darzulegen.

Katja Mitteldorf von der Linken beginnt. Treutler missbrauche seine Position als Alterspräsident. Seine wiederholten Weigerungen, Anträge der Abgeordneten zu behandeln, seien grobe Verstöße gegen das verfassungsmäßige Selbstorganisationsrecht des Parlaments. 

Markus Ermert

„Das ist schlimmer als gedacht“, sagt der Politikwissenschaftler Oliver Lembcke der "Thüringer Allgemeinen".  „Beide Seiten prallen unversöhnlich aufeinander.“  Treutler sei jede Sitzungsunterbrechung recht. „Man will mit der längsten konstituierenden Sitzung aller Zeiten in die Geschichtsbücher eingehen“, sagt Lembcke. Mit diesem Verhalten könne die AfD in letzter Konsequenz ihre Beharrlichkeit zeigen. Es sollt um jeden Preis der Eindruck entstehen, dass Treutler rechtstreu die Tagesordnung abarbeite, so Lembcke in der TA weiter. Die Fraktionen hätten natürlich das Recht, Anträge zu stellen. Das wolle Treutler stur verhindern. „Das ist das Spiel, das hier gespielt werden soll“, sagt Lembcke. 

Markus Ermert

So was wie in der vergangenen halben Stunde hat man noch nie gesehen in einem Thüringer Landtag seit 1990: Statt geordneter Debatte wilde Wortgefechte über viele Minuten. Abgeordnete, die dem Alterspräsidenten die weitere Sitzungsleitung absprechen, die nach einem neuen Leiter rufen. Ein Alterspräsident, der Ordnungsrufe erteilt, obwohl er das wahrscheinlich gar nicht darf. Parlamentarier, die ihn immer wieder laut unterbrechen, die verzweifelt versuchen, das Heft in der Hand zu behalten gegenüber einem AfD-Politiker, der auf seiner Rechtsauslegung beharrt und immer wieder Wortmeldungen zu verhindern versucht.

Allerdings vergeblich, den die anderen fallen Treutler gnadenlos immer wieder ins Wort. Landtagsdirektor Jörg Hopfe, der hinter Treutler sitzt, denkt gar nicht daran, wie gefordert die Mikrofone abzudrehen.

„Es ist doch keine One-Man-Show. Sie bestimmen nicht allein über die Geschäftsordnung des Landtags“, ruft SPD-Frau Janine Merz. Und Katja Wolf (BSW): "Sie haben keine politische Legitimation, eigene Geschäftsordnungsinterpretationen vorzunehmen!" Man wolle die „verfassungsmäßigen Rechte der Abgeordneten wahren“, betonen Zwischenrufer von SPD, CDU, BSW und Linken. 

Markus Ermert