Es sind bewegende Schilderungen; die mich lange beschäftigen. Ich bin sehr dankbar darüber, jetzt nicht allein in einem Hotelzimmer zu sitzen, sondern mitten unter diesen wunderbaren Menschen zu sein. Tagsüber besichtige ich Krakau, abends tausche ich mich mit der hiesigen ukrainischen Community aus, bekomme wertvolle praktische Tipps. So lerne ich etwa, wo ich auf der Hut sein muss vor Minen. Im gesamten Großraum Kiew etwa würde es einem Himmelfahrtskommando gleichen, in den Wald zu spazieren. Doch auch andernorts muss ich aufpassen.
Ich genieße noch einmal die Unbeschwertheit dieser ersten Hälfte meiner Tour. Schlendere durch die Gassen der Altstadt, besichtige den Wawel mit den polnischen Königsgräbern und der Statue von Johannes Paul II., der vor seiner Wahl zum Papst hier Erzbischof war. Die Krakauer sind mächtig stolz auf ihren Heiligen, nach dem viele Straßen benannt wurden und von dem etwa im Diözesanmuseum zahlreiche Devotionalien ausgestellt werden, von den Schuhen über Kelchen bis zu diversen kostbaren Roben. Alles verständlich, denn Woytila hatte unzweifelhaft große Verdienste, doch dass hier an keiner Stelle reflektiert wird, in welchem Ausmaß sexualisierte Gewalt vertuscht wurde und nicht etwa der Schutz von Kindern, sondern das Ansehen der Mutter Kirche im Vordergrund stand, das liegt mir als Katholik, der in Zeiten des polnischen Papstes aufwuchs, schwer im Magen.
Ich besichtige auch die Fabrik von Oskar Schindler, die heute ein anschaulich gestaltetes Museum über die Zeit der deutschen Besatzung ist. Am Samstag heißt es dann weiterfahren, Richtung Lviv (Lemberg).
"Ich wünsche dir breite Straßen", sherokiey drogi, gibt mir ein älterer polnischer Herr mit auf den Weg, dem Wolodomyr von meiner Tour erzählt. Wie auch immer die Straßen ausfallen mögen: Ich bin nach bislang 1.402 Kilometern und 11.245 Höhenmetern gut erholt und motiviert für die Ukraine.