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Michael Merten In diesem Zimmer lebte einst Karol Woytila, der spätere Papst Johannes Paul II.
Michael Merten In der Altstadt von Oświęcim

Tag 18 - Vorbei an der Hölle von Auschwitz

15:54
19.07.2023
Fast könnte man die Geschichte ausblenden. Denn es ist wirklich ein schönes Städchen, dieses Oświęcim. Das habe ich mit schon am Vorabend gedacht, als ich über den schmucken Hauptplatz geschlendert bin. Touristen sitzen zusammen und genießen Drinks. An einem Wasserspiel, das alle paar Sekunden die Farben wechselt, toben Kinder sich aus. Und doch ist es immer präsent, das Lager, das sich auf der anderen Seite der Weichsel befindet, ein paar Kilometer von der Altstadt entfernt, doch nicht etwa fernab der Zivilisation; Oświęcim hat sich vielmehr drumherum entwickelt, um das Museum, das Auschwitz heute ist und das von Besuchermassen frequentiert wird.

Gestern Abend habe ich mich der Stadt genähert, erst gegen 19 Uhr, weil ich wegen eines Gewitters Zeit verloren hatte. Als die Blitze rarer wurden, bin ich in Regensachen weitergefahren, erstmals seit dem Saarland hatte ich die Sachen auspacken müssen. Am Nachmittag wurde es wieder sonnig und die Landschaft war idyllisch, doch ich blieb mit einem Gefühl der Beklemmung zurück. Schließlich war ich in Oświęcim. Noch bevor ich mein Zimmer aufsuchte, zog es mich hinaus, zum weiter entfernten Vernichtungslager Auschwitz II, auch Birkenau genannt. Es ging hinaus aus der Stadt, vorbei an Gewerbeansiedlungen, und irgendwann sah ich dann die Wachtürme, den Stacheldraht und das Torhaus. Es ist schön warm, doch mir wird kalt, als ich mich dem Gebäude nähere, durch das seinerzeit die Züge gerollt sind. 

Wenn ich hinein wollte, bräuchte ich ein Ticket, das ich aber nicht besitze. Doch das macht mir nichts aus, ich will gar nicht hinein. Ich will einfach nur eine Zeitlang hier verweilen. 

Michael Merten