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Männer im von Russland besetzten Cherson sollen Ukrainer abwehren

14:35
24.10.2022
Die russische Militärverwaltung im besetzten Cherson will angesichts des ukrainischen Vormarsches die verbliebenen Männer für eine paramilitärische Heimatwehr rekrutieren. „Alle Männer, die aus eigenem Willen in Cherson geblieben sind, haben die Möglichkeit, in die Reihen der Territorialverteidigung einzutreten“, teilte die Verwaltung am Montag auf ihrem Telegram-Kanal mit. Gleichzeitig fordern die Besatzer Zivilisten in der Region zur Flucht auf.

In den letzten Wochen hat sich die Lage der russischen Truppen im Gebiet Cherson deutlich verschlechtert - speziell auf dem nordwestlichen Ufer des Dnipro. Der Nachschub ist durch den ukrainischen Beschuss der Brücken nahezu zum Erliegen gekommen. Bei einer Offensive Anfang Oktober konnten die Ukrainer deutliche Geländegewinne erzielen. Unter diesen Umständen hat die Militärverwaltung eigenen Angaben nach bereits rund 25 000 Zivilisten aus der Region verschickt.

Der Kommandeur der russischen Truppen in der Ukraine, Sergej Surowikin, kündigte zudem „schwierige Entscheidungen“ an, was Beobachter als Indiz für einen geplanten Abzug deuten. Zugleich mehren sich Informationen, dass die russischen Truppen Wertgegenstände und wichtige Dokumente aus der Stadt Cherson abtransportiert haben. Meldungen darüber, dass Offiziere bereits in den rückwärtigen Raum verlegt wurden, können unabhängig nicht bestätigt werden. Die russische Führung, die erst im September das Gebiet Cherson offiziell annektiert hat, bestreitet Rückzugspläne.

Michael Rabba

Trotz westlicher Skepsis: Kreml beharrt auf Atomvorwürfen gegen Kiew

13:42
24.10.2022
Russland hält trotz westlicher Skepsis an der Behauptung fest, Kiew wolle Moskau mit der Zündung einer „schmutzigen“ - also atomar verseuchten - Bombe diskreditieren. „Die Gefahr liegt auf der Hand“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Darauf angesprochen, dass die USA, Großbritannien und Frankreich die Vorwürfe in Zweifel ziehen, erklärte er: „Ihr Misstrauen gegenüber der Information, die ihnen von russischer Seite gegeben wurde, bedeutet nicht, dass die Gefahr des Einsatzes einer „schmutzigen Bombe“ aufhört zu bestehen.“

Außenminister Sergej Lawrow will den Fall derweil vor die Vereinten Nationen (UN) bringen. Der russische Chefdiplomat erklärte, es gebe „konkrete Informationen zu den Instituten in der Ukraine, die über entsprechende Technologien verfügen, solch eine „schmutzige Bombe“ zu bauen“. Die westliche Reaktion sei angesichts der bedingungslosen Unterstützung für Kiew erwartbar gewesen, sagte Lawrow. In der UN hoffe er allerdings auf eine „professionelle Erörterung“ des Themas.

Moskau hatte die Vorwürfe am Sonntag publik gemacht. Russische Staatsmedien behaupteten, Kiew sei mit der Entwicklung einer radioaktiv verseuchten Bombe fast fertig. Es wolle diese auf eigenem Gebiet einsetzen, um eine Schmutzkampagne gegen Russland zu fahren. In vier Telefonaten mit seinen Kollegen aus der Türkei, Frankreich, Großbritannien und den USA verbreitete später Verteidigungsminister Sergej Schoigu die Version einer ukrainischen „schmutzigen Bombe“.

Washington, Paris und London wiesen die Anschuldigungen in einer gemeinsamen Erklärung zurück und warnten Moskau vor einer weiteren Eskalation des Kriegs unter diesem Vorwand. Auch Kiew dementierte den Besitz einer schmutzigen Bombe. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba rief die Internationale Atombehörde IAEA dazu auf, die Ukraine zu besuchen, um etwaige Objekte zu untersuchen. Die Ukraine ist - im Gegensatz zu Russland - keine Atommacht. Im Rahmen des Budapester Abkommens 1994 hat das Land alle Atomwaffen an Russland abgegeben. Russland sicherte damals zu, die Souveränität der Ukraine zu achten.

dpa