Der Wahltag ist sonnig. Bestes Wetter. Was das mit den Wahlen zu tun hat? Genau in diesem Punkt sind sich Forscher noch nicht ganz einig, doch seit Jahren versuchen sie herauszufinden, wie sich das Wetter auf Wahlbeteiligung und Stimmverhalten auswirkt. Ein nahliegendes Ergebnis: Bei schlechtem Wetter bleiben die Menschen eher zu Hause, als zur Wahl zu gehen. Das fanden Ökonomen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) heraus, als sie Gemeinderats- und Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen untersuchten.
„Mit zehn Millimetern Regen zeigt sich in den Daten eine Reduktion der Wahlbeteiligung um 1,2 Prozentpunkte bei den Kommunalwahlen und 0,5 Prozentpunkte bei den Landtagswahlen“, sagt Ronny Freier, Professor für Wirtschaftspolitik und einer der Autoren der Studie, im Gespräch mit der "Welt". Freier geht davon aus, dass sich das Ergebnis der Studie verallgemeinern lässt – also auch auf die Bundestagswahl am heutigen Sonntag zutrifft. Er verweist auf andere Studien: „Der Zusammenhang, dass Regen die Wahlbeteiligung verringert, ist relativ gut dokumentiert.“
Doch hat das Wetter auch Auswirkungen auf das Wahlergebnis? Denn die Antwort auf diese Frage wäre für Politiker natürlich besonders spannend. Auch damit beschäftigen sich die Studien aus Deutschland, den Niederlanden und den USA. Alle drei legen nah, dass Regen einen positiven Effekt für konservative Parteien hat. In Nordrhein-Westfalen profitierte die CDU zulasten der SPD, in den Niederlanden gewannen die Christdemokraten bei Regenfällen von zehn Millimetern einen zusätzlichen Sitz im Parlament, während die Sozialdemokraten und Sozialisten einen bis zwei Sitze verloren. Die amerikanischen Wissenschaftler kamen zu ähnlichen Schlüssen und stellten ihre Studie unter den charmanten Titel: „The Republicans should pray for Rain“, schrieb die "Welt" vor wenigen Tagen.
Warum ausgerechnet die Konservativen vom Regen profitieren, ist nicht ganz klar. „Allgemein wird in der Literatur davon ausgegangen, dass konservative Wähler eine höhere Wahlneigung haben“, sagt Ronny Freier vom DIW. „Das hieße, dass sozialdemokratische Wähler sich schneller dagegen entscheiden, am Wahltag zur Wahl zu gehen“ – zum Beispiel, wenn es draußen ungemütlich aussieht. Frank Ullrich, SPD-Direktkandidat für den Wahlkreis 196, postete am Sonntag jedenfalls ein Foto von sich beim Wandern auf Instagram. Oben rechts im Bild läuft ein Timer, der die Öffnungszeit der Wahllokale herunterzählt. Und dazu schrieb Ullrich: "Genießt den Sonntag - aber vergesst nicht, wählen zu gehen."
Jolf Schneider