Keine Sorge, im Titel steht kein Schreibfehler. Er bezieht sich auf
die SXSW-Keynote von William Hurley alias
whurley. Er ist Gründer, Denker und Erfinder aus Austin und es reichen keine 10.000 Zeichen, will man den Mann einigermaßen angemessen vorstellen. whurley entwickelte zum Beispiel das "Board of Imagination", ein Skateboard, das sich durch Gedanken steuern lässt. Er entwickelte einen Einkaufswagen, der dem Einkäufer durch den Supermarkt folgt ("The Smarter Cart"). Und so geht es weiter. Der Moderator, der ihn einführt, bezeichnet whurley als klassisch "verrückt". Ein schönes Kompliment.
whurley tritt also an, den 2400 Zuhörern im Ballroom D des Austin Convention Center das Prinzip Quantencomputer samt gesellschaftlicher Bedeutung nahezubringen. Er zeigt Grafiken, denen zufolge auf der ganzen Welt das Interesse an der Technologie wie verrückt zunimmt:
* Die Zahl der Patentanmeldungen auf dem Gebiet steigt seit 2014 steil an, sehr steil sogar.
* Am meisten Anmeldungen sind es in den USA und China, dann folgt gleich schon Deutschland. "Es gibt also noch Hoffnung", kommentiert Christian Grodau aus unserer Reisegruppe mit einem Smiley. (Er ist der Chief Information Officer der Messe München.)
* Hängen bleibt in diesem Teil der Präsentation vor allem der Satz: "This, not AI, is the Space Race of our Generation."
Und dann kommt der verwhurlende Teil. Der Geschichte des Quantencomputing kann man ja noch einigermaßen folgen. Wenn es dann aber an die Funktionsweise der Sache geht, stößt der engagierte Laie mit whurleys Vortrag an seine Grenzen. Die Worte und Formeln in der wirklich wunderschönen Präsentation bleiben einem sehr einsam vor den Augen stehen. Bezüge zu allem Bekannten gehen in der Geschwindigkeit der Keynote verloren. Das gute alte Storytelling kommt inmitten der Formeln und Herleitungen, inmitten der Physik und der Mathematik zum Erliegen, weil es schlicht noch keine Applikationen gibt, keine echten Anwendungsfälle, die das Prinzip Quantencomputing einer Erzählung zugänglich machen würden.
whurley sagt, er habe in den vergangenen zwei Jahren so viele Bücher gelesen wie nie zuvor in seinem Leben. Und trotzdem fällt es ihm schwer, das Wesen des Quantumcomputing kenntlich zu machen. Ein seltsam verunsicherndes Gefühl zur Macht und Kraft dieser Technologie macht sich dadurch breit. Vor allem, als whurley gegen Ende sagt, Quantencomputer könnten dereinst wirklich die großen Probleme der Menschheit bezwingen. Krebs zum Beispiel. Oder den Klimawandel. So viel? So weitreichend? Wie genau soll das gehen? Besonders klar wird das nicht.
So spezifisch der Vortrag ist, er legt etwas Wichtiges offen:
Sicherheit entsteht immer dann, wenn wir Dinge begreifen, wenn wir die Welt verstehen, wenn wir Zusammenhänge zu Bekanntem herstellen können.
Unsicherheit entsteht, wenn wir nicht verstehen, wenn aus Erklärungen kein Sinn entsteht. Die SXSW ist demnach beides, Versicherer und Verunsicherer zugleich. Vielleicht ist das gut so. Wer nicht alles versteht, will mehr wissen.
Peter Wagner
Peter Wagner