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Wissenschaftler warnen Boris Johnson vor weiteren Corona-Lockerungen

08:41
01.06.2021
Mehrere Wissenschaftler haben die britische Regierung davor gewarnt, die Corona-Beschränkungen zu früh aufzuheben. Das geplante Ende aller Maßnahmen in England am 21. Juni sei «ein bisschen früh», sagte der britische Mikrobiologe Ravi Gupta am Dienstag dem Sender «Sky News» mit Blick auf die Ausbreitung der zunächst in Indien entdeckten Delta-Variante des Coronavirus. «Ich denke, wir brauchen mindestens ein paar Wochen - wahrscheinlich einen Monat, bis die Schulen schließen, so dass das Risiko der Übertragung in Schulen sinkt», sagte Gupta.

«Ich fürchte, es wäre eine schlechte Entscheidung, daran festzuhalten», sagte auch Adam Finn aus der britischen Impfkommission dem Sender LBC. Der britische Medizinerverband warnte zudem bei «Sky News», das Gesundheitssystem könne bei stark steigenden Fallzahlen zu einer Zeit überlastet werden, in der es versuche, den Rückstau verschobener Behandlungen und Operationen abzuarbeiten.

Die Inzidenz liegt in Großbritannien mit knapp 29 noch immer recht niedrig. Allerdings hat die Zahl der Fälle der wohl sehr ansteckenden Variante B.1.617.2 in den vergangenen Wochen rapide zugenommen, sie macht mittlerweile rund drei Viertel der nachgewiesenen Fälle aus. Wissenschaftler fürchten, dass trotz der weit fortgeschrittenen Impfkampagne eine schwere dritte Welle drohen könnte.

Premierminister Boris Johnson, der nur für England die Corona-Regeln macht, will sich die Entscheidung über den weiteren Fahrplan noch offen halten. Über das weitere Vorgehen soll am 14. Juni informiert werden. Schottland, Wales und Nordirland machen eigene Regeln.

Diskriminierung vermeiden - Corona-Varianten bekommen neutrale Namen

08:11
01.06.2021
Bestimmte Coronavirus-Varianten werden umbenannt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) setzt ab sofort auf neutrale Namen, um zu verhindern, dass die Varianten nach den Ländern benannt werden, in denen sie zuerst entdeckt wurden. «Das ist stigmatisierend und diskriminierend,» teilte die WHO am Montagabend mit. Sie nimmt nun Buchstaben des griechischen Alphabets für die Bezeichnung der Corona-Varianten, die sie als «besorgniserregend» oder «Varianten von Interesse» einstuft.

So heißt die zuerst in Großbritannien aufgetauchte Variante B.1.1.7 nun Alpha. Die in Südafrika entdeckte Variante B.1.351 wird zu Beta, die in Brasilien nachgewiesene Variante P.1 wird Gamma und die zunächst in Indien gefundene Variante B.1.617.2 wird Delta. Die Variante, die jüngst in Vietnam entdeckt wurde, stand bis Dienstag nicht auf der WHO-Liste.

Die WHO betont, dass die wissenschaftlichen Bezeichnungen bestehen bleiben, weil sie Forschenden wichtige Informationen liefern. Sie seien aber schwer zu merken, und deshalb habe sich die Angewohnheit verbreitet, die Varianten nach ihren Ursprungsorten zu benennen. «Um das zu verhindern und um die öffentliche Kommunikation zu vereinfachen, empfiehlt die WHO Behörden, Medien und anderen, die neue Kennzeichnung zu verwenden.»

Von der «indischen» oder «britischen» Variante zu sprechen löst bei manchen Menschen einen Abwehrreflex gegen Menschen aus, die aus diesem Land kommen. So hat die Tatsache, dass der frühere US-Präsident Donald Trump beim Coronavirus oft vom «China-Virus» sprach, in den USA Hasskriminalität gegen chinesisch aussehende Menschen ausgelöst.

Indem Phänomene wie Viren nach Orten benannt werden, distanzierten sich Menschen davon, sagte Nilu Ahmed, Psychologin an der Universität Bristol. «Das überträgt Schuld auf die anderen und erlaubt denen, die das Narrativ nutzen, sich als Opfer zu inszenieren.» So etwas könne auch falsche Annahmen fördern: So sei die Spanische Grippe in den USA aufgekommen, aber erst in Spanien ausführlich dokumentiert worden.

Alpha bis Delta sind zurzeit die vier von der WHO als «besorgniserregend» eingestuften Varianten. Sechs weitere Mutanten, die in den USA, Brasilien, den Philippinen und in Indien entdeckt wurden, bekamen ebenfalls griechische Buchstaben zugewiesen.