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20210630115842

Pandemie-Regime: Kretschmann räumt Fehler ein und verteidigt sich

11:57
30.06.2021
Nach breiter Kritik an seinem Vorstoß für ein härteres Pandemie-Regime hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann im Landtag Fehler in der Formulierung eingeräumt, aber seine Haltung grundsätzlich verteidigt. Die Opposition aus SPD und FDP hatte ihm am Mittwoch im Parlament in Stuttgart vorgeworfen, ihm sei die Kontrolle durch Parlament und Gerichte lästig. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sprach gar von einem «Anschlag» auf die Verfassung. Kretschmann stelle «die Gewaltenteilung und Rechtsstaat infrage».

Der Grünen-Politiker wies dies als «abwegig» zurück und erklärte, es gehe ihm darum, Lehren zu ziehen, «damit wir eine mögliche weitere Pandemie in Zukunft besser und schneller in den Griff bekommen». Deshalb habe er die Frage aufgeworfen, ob frühe und entschlossenere Maßnahmen zu Beginn einer Pandemie verhältnismäßiger sein können als ständige Einschränkungen von Freiheiten über Monate hinweg, sagte der Grüne. Allerdings habe er in Sachen Verhältnismäßigkeit ungenau formuliert. «Das war ein Fehler.» Auch bedauerte er, den Begriff «Regime» benutzt zu haben. «Ich verstehe, das kann man in den falschen Hals bekommen.»

Der Ministerpräsident hatte in einem Interview mit «Stuttgarter Zeitung» und «Stuttgarter Nachrichten» gesagt: «Meine These lautet: Wenn wir frühzeitige Maßnahmen gegen die Pandemie ergreifen können, die sehr hart und womöglich zu diesem Zeitpunkt nicht verhältnismäßig gegenüber den Bürgern sind, dann könnten wir eine Pandemie schnell in die Knie zwingen», sagte er. Möglicherweise müsse man dafür das Grundgesetz ändern. Nach heftiger Kritik bedauerte Kretschmann schon am Freitag, dass seine Äußerungen zu Missverständnissen geführt hätten.

Der Regierungschef bekräftigte seinen Vorschlag, dass sich eine Enquête-Kommission damit beschäftigen solle, ob die Rechtslage verändert werden müsse. Die entscheidende Frage sei, wie man einerseits effektiv und andererseits verhältnismäßig handeln könne. Er sei dafür, das Recht weiterzuentwickeln. Kretschmann warnte die Opposition vor einer «Hysterisierung der Debattenkultur».

(nah)

Lockdown als Versicherungsfall - OLG gibt Heidelberger Hotel recht

11:05
30.06.2021
Wegen der Schließung in der Corona-Zeit kann ein Heidelberger Hotel von seiner Versicherung Geld beanspruchen. Das entschied das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe in einem am Mittwoch veröffentlichten Urteil. Ein Versicherer wollte nicht zahlen, weil die Betriebsschließungsversicherung aus seiner Sicht die pandemiebedingte Schließung nicht umfasste. Nach Ansicht des OLG kann eine solche Versicherung aber auch wegen des Lockdowns gelten. Entscheidend sei, ob die Beschränkung des Versicherungsschutzes auf Krankheiten ausreichend klar und verständlich geregelt ist.

Im Heidelberger Fall (Az.: 12 U 4/21) muss der Versicherer nun 60 000 Euro zahlen, weil ein Corona-Ausschluss nicht erkennbar gewesen sei. Das OLG stellte klar, dass der Versicherungsschutz sich nicht auf behördliche Einzelfallanordnungen für Infektionen im Betrieb beschränkt, sondern auch den Lockdown durch Verordnung der Landesregierung umfasst. Es ließ die Revision zum Bundesgerichtshof wegen grundsätzlicher Bedeutung zu.

Eine Hotel- und Gaststättenanlage in Hessen (Aktenzeichen 12 U 11/21) unterlag dagegen vor dem OLG: Aus der Betriebsschließungsversicherung dort ging eindeutig hervor, dass der Pandemie-Fall nicht versichert ist. Das OLG bestätigte ein Urteil des Landgerichts Mannheim. Eine Revision ließ es in dem Fall nicht zu.

(nah)

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