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Dreyer fordert neuen Warnwert in der Corona-Politik

14:13
24.07.2021
Die Inzidenz ist wichtige Kennzahl in der Corona-Pandemie. Doch immer mehr Menschen sind inzwischen geimpft. Für eine Beurteilung der Lage brauche es bessere Warnwerte, fordert SPD-Politikerin Dreyer.

Düsseldorf - Angesichts der wachsenden Zahl der gegen das Coronavirus geimpften Menschen hat sich die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) für angepasste Bewertungskriterien in der Corona-Politik ausgesprochen.

"Wir schauen natürlich auch mit Sorge auf die steigenden Infektionszahlen", sagte sie der "Rheinischen Post" (Samstag). "Dennoch sagt die Inzidenz heute viel weniger über die Gefahr einer Erkrankung und die mögliche Belastung des Gesundheitssystems aus als noch vor einem halben Jahr, weil immer mehr Menschen geimpft werden."

Die Inzidenz bleibe wichtig, aber sie sollte mit der Lage in den Krankenhäusern verknüpft werden, meinte Dreyer. Dazu zähle, wer dort eingeliefert werde und wer auf eine Intensivstation müsse. "Die Bundesländer müssen mit der Bundesregierung zu einem neuen Warnwert kommen. Wir sollten uns rasch auf eine bundeseinheitliche Regelung verständigen." Dreyer lobte ein von der Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), vorgeschlagenes System als "sehr kluges Ampelsystem". "Genau so eine Orientierung brauchen wir bundesweit."

In Mecklenburg-Vorpommern gilt ein Ampelmodell, das die Sieben-Tage-Inzidenz, die Zahl der Covid-Patienten im Krankenhaus und die Auslastung der Intensivstationen berücksichtigt. Die Bundesregierung hat bereits angekündigt, dass künftig Werte wie die Krankenhauseinweisungen stärker berücksichtigt werden sollen.

Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese, unterstützte am Samstag Dreyers Forderung. "Mit zunehmendem Impffortschritt verliert eine steigende Inzidenz ihre Aussagekraft. Die SPD-Bundestagsfraktion fordert daher seit Monaten, den Inzidenzwert durch weitere Kriterien für Maßnahmen zum Schutz gegen das Coronavirus zu ergänzen", so Wiese. Als weitere Kriterien nannte er die Krankenhausbelegungen, die Belastungen der Intensivstationen und den Impffortschritt.

Sorge vor vierter Corona-Welle wächst

14:12
24.07.2021
Seit Wochen nimmt die Zahl der Corona-Neuinfektionen wieder zu: Die Inzidenz liegt nun bei 13,6. Die Appelle an Impf-Unwillige werden lauter, die Sorgen vor dem bösen Erwachen nach dem Urlaub größer.

Berlin - Die Bedrohung durch eine vierte Corona-Welle im Herbst als Folge von Urlaub, Delta-Variante des Virus und Impf-Unwilligkeit nimmt zu. Die Sieben-Tage-Inzidenz steigt seit zweieinhalb Wochen kontinuierlich an.

Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) lag sie bei 13,6 – am Vortag betrug der Wert 13,2 und beim jüngsten Tiefststand am 6. Juli 4,9. Demnach meldeten die Gesundheitsämter in Deutschland dem RKI zuletzt binnen eines Tages 1919 Corona-Neuinfektionen.

Vor einer Woche hatte der Wert für Deutschland bei 1608 Ansteckungen gelegen. Deutschlandweit wurden nach den neuen Angaben binnen 24 Stunden 28 Todesfälle verzeichnet - nach 22 Toten vor einer Woche.

Müller: Impfen muss unkomplizierter werden

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sah angesichts der steigenden Infektionszahlen aktuell einen kurzfristigen Abstimmungsbedarf zwischen Bund und Ländern. "Auch wenn die Lage auf den Intensivstationen deutlich besser geworden ist, dürfen wir jetzt nicht die gute Ausgangslage für den Herbst verspielen", teilte er der Deutschen Presse-Agentur mit. Das Impfen müsse unkomplizierter werden. Gleichzeitig müssten Ungeimpfte wieder umfassender mit negativen Tests nachweisen, dass sie nicht ansteckend sind, wenn sie irgendwo Zugang haben wollten.

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek forderte Erwachsene auf, sich gegen Corona impfen zu lassen - auch aus Solidarität gegenüber Kindern und Jugendlichen. "Gerade jetzt, wo die Infektionszahlen wieder ansteigen, sollten sich möglichst alle Erwachsenen mit den Kindern und Jugendlichen solidarisch zeigen, indem nicht geimpfte Personen die Impfangebote wahrnehmen", sagte die CDU-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Die Solidarität der Erwachsenen wäre ein ganz wichtiger Beitrag, um nach den Sommerferien einen regulären Schulbetrieb zu ermöglichen."

Karliczek argumentierte: "Für die jüngeren Kinder ist kein Impfstoff zugelassen, für die Kinder und Jugendlichen ab 12 Jahren wird keine Impfung empfohlen. Darum: Je weniger das Virus unter den Erwachsenen zirkuliert, desto weniger kann es auch für die Jüngeren zu einer Gefahr werden."

Fast 50 Prozent in Deutschland vollständig geimpft

Die Quote der vollständig gegen Corona Geimpften stieg in Deutschland dem RKI zufolge auf 49,1 Prozent der Gesamtbevölkerung. Mindestens eine Impfdosis haben demnach 60,8 Prozent der Bevölkerung verabreicht bekommen. Am Freitag wurden 517.470 Dosen gespritzt.

Angesichts der wachsenden Zahl der gegen Corona geimpften Menschen hat sich die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) erneut für angepasste Bewertungskriterien in der Corona-Politik starkgemacht. Die Inzidenz sage heute "viel weniger über die Gefahr einer Erkrankung und die mögliche Belastung des Gesundheitssystems aus als noch vor einem halben Jahr", sagte Dreyer der "Rheinischen Post". Die Inzidenz sollte ihrer Ansicht nach daher mit der Lage in den Krankenhäusern verknüpft werden. Dazu zähle, wer dort eingeliefert werde und wer auf eine Intensivstation müsse.

"Wir sollten uns rasch auf eine bundeseinheitliche Regelung verständigen", sagte Dreyer. Die Bundesregierung hat bereits angekündigt, dass künftig Werte wie die Krankenhauseinweisungen stärker berücksichtigt werden sollen.

Anstieg der Inzidenz durch Reiserückkehrer?

Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, warnte vor einem Anstieg der Corona-Inzidenz durch Reiserückkehrer. "Spanien und Italien sind beliebte Urlaubsländer vor allem bei jüngeren Menschen, die oft noch nicht zweimal geimpft sind. Der Viren-Eintrag nach Deutschland aus diesen Ländern wird durch die Reiserückkehrer ganz klar steigen", sagte er der "Rheinischen Post" (Samstag).

Der Ärztefunktionär forderte, mit konsequenter Quarantäne für ungeimpfte Reiserückkehrer und Einhaltung der Corona-Regeln dafür zu sorgen, dass aus der vierten Welle kein "Tsunami" werde. Auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach riet zur Vorsicht, da die Herdenimmunität noch nicht erreicht sei. "Discothekenbesuche nur für Menschen, die geimpft, genesen oder getestet sind und nur mit Maske", forderte er beim Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Mit Blick auf das neue Schuljahr fordert die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) die Anschaffung von Luftfiltern für alle Klassenräume in Deutschland. "Wenn die Schulen krisenfest werden sollen und es nach den Sommerferien wieder regelmäßigen Präsenzunterricht geben soll, dann sind Luftfilter - neben einem Hygienekonzept inklusive regelmäßiger Tests - in allen Klassenräumen erforderlich", sagte GEW-Chefin Maike Finnern der "Rheinischen Post". Der Bund habe zwar endlich ein Förderprogramm auch für mobile Luftfilter aufgesetzt, diese sei aber auf die Schulräume der Kinder und Jugendlichen bis zwölf Jahre beschränkt. "Das reicht nicht aus, da die hohen Zahlen besonders Jugendliche und junge Erwachsene betreffen", sagte Finnern.