In der Diskussion über Lockerungen der strengen staatlichen Beschränkungen in der Corona-Pandemie hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vor übereilten Entscheidungen gewarnt. «Ich empfehle uns allen größtmögliche Umsicht und Vorsicht», sagte der CDU-Politiker am Freitag vor Journalisten in Berlin. Er verwies darauf, dass der von Bund und Ländern angestrebte Wert von 35 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern und Woche vielerorts noch nicht erreicht sei - und für viele Bundesländer derzeit auch nicht erreichbar sei.
Spahn sagte, er wisse um die Ermüdung der Bürger nach dem wochenlangen Lockdown, ebenso um die Belastungen. Viele seien genervt. «Aber es nützt ja alles nichts. Das Virus ist da, und wir müssen damit umgehen», sagte er.
Spahn sagte, mit den nun in den meisten Ländern wieder teilweise geöffneten Schulen und Kitas werden täglich Millionen Menschen in Bewegung gesetzt. Dies sei richtig, schaffe aber auch neue Ansteckungsrisiken. Aus seiner Sicht gelte es, nun erst einmal zu schauen, wie sich dies auf die Infektionszahlen auswirke.
Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zuletzt Hoffnungen auf sehr schnelle und umfassende Lockerungen der strengen Kontaktbeschränkungen gedämpft. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) warnte ebenfalls vor «Öffnungshektik».
Der Druck aus der Wirtschaft ist aber groß: Unter anderem der Handel fordert, die Wiedereröffnung der Innenstädte nicht von dem angestrebten Wert von 35 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern und Woche abhängig zu machen. Mehrere Bundesländer haben bereits für Anfang kommende Woche über Friseurläden hinaus die Öffnung etwa von Gartenmärkten und Blumenläden angekündigt.