Wir staunen mitunter nicht schlecht, wenn wir manchen Menschen (unfreiwillig!) beim Telefonieren zuhören: Sie scheinen sich am Telefon in kürzester Zeit in eine andere Spezies zu verwandeln – zumindest sprachlich gesehen. Obwohl sie seit Jahren in fast perfektem Hochdeutsch zu uns sprechen, schwäbeln sie plötzlich heftigst oder verfallen gar in bairischen Dialekt. Nach langer Pause sind wir wieder mit mehreren Arbeitskollegen im Büro. Und einer von ihnen verfällt - offenbar beim Gespräch mit der Familie - binnen Sekunden in tiefstes Monnemerisch. Laut Wissenschaft ist das völlig normal: Der Mensch passt sich seinem Gegenüber sprachlich an. Einige Personen können den Wechsel zwischen Dialekt und Hochdeutsch sogar steuern, doch oft geschehen diese Anpassungen auch unbewusst. Studien zeigen, dass Menschen, die sich unterhalten, sprachlich aufeinander zugehen: Sie benutzen gleiche Worte, auch die Betonung oder Aussprache gleicht sich laut Wissenschaft mit der Dauer des Gesprächs immer mehr an. Warum das so ist und wie das Ganze abläuft, das hat die Wissenschaft noch nicht herausgefunden. Doch fest steht, dass sich die Gehirne von Menschen in einem aufmerksamen Gespräch annähern. Auch Sympathie scheint dabei eine große Rolle zu spielen. Doch manchmal hat es die Sympathie auch schwer – beispielsweise am ersten Arbeitstag einer Schwäbin in Mannheim, der schon eine ganze Weile zurückliegt. Die junge Frau bemüht sich damals sehr, ihren hörbaren Akzent zu unterdrücken. Doch an ihrem ersten Tag hat sie in der Kurpfalz einen holprigen Start: „Woher kommt denn die Ausländerin, die sie jetzt beschäftigen? Ich verstehe kein Wort“, beschwert sich gleich der Erste bei ihrem Chef. Der Boss nimmt es mit Humor – und im Gegensatz zum Kunden mit Sympathie und Sprachangleichung: „Heilig’s Blechle, lasset se die Loit schwätzä“, macht er der neuen Mitarbeiterin mit halbwegs schwäbischen Brocken Mut. Die Schwäbin ist übrigens noch immer gerne hier – und kann inzwischen fast fließend Monnemerisch – zumindest dann, wenn sie mit ihrem Gegenüber auf einer Wellenlänge liegt.
Eva Baumgartner