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Kultusministerium verschiebt alle Abschlussprüfungen

07:38
21.03.2020
Stuttgart - Die Kultusministerin verschiebt die Schulabschlussprüfungen von der Hauptschule bis zum Abitur um vier Wochen. Weitere Maßnahmen sind nicht ausgeschlossen.

Not-Abiture hat es in Deutschland bisher nur im Ersten und im Zweiten Weltkrieg gegeben, und damals mussten die jungen Männer nach der Reifeprüfung in den Krieg. Kurzschuljahre gab es in der Geschichte der Bundesrepublik auch nur zwei Mal, als die Schulpflicht in den 60er-Jahren auf neun Jahre verlängert wurde. Dennoch können die Kultusbehörden nicht mehr ausschließen, dass es wegen der virusbedingten Schulschließungen zu ähnlichen Maßnahmen kommt.

Fürs Erste hat Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) die Verschiebung aller Abschlussprüfungen an den Schulen im Südwesten um rund vier Wochen bekannt gegeben. Die neuen Zeitpläne betreffen rund 130 000 angehende Schulabgänger sowie 62 000 Auszubildende mit Abschlussprüfungen an der Berufsschule. Neben rund 50 000 Abiturienten, die ursprünglich vom 21. April an über ihren Klausuren schwitzen sollten, legen auch Gemeinschafts-, Real-, Werkreal- und Hauptschüler eine Abschlussprüfung ab.

"Wir müssen davon ausgehen, dass die Schüler aufgrund der Schulschließungen ohne eine Verschiebung der anberaumten Prüfungstermine nicht über die nötigen Voraussetzungen für die Prüfung verfügen", erklärte Ministerin Eisenmann am Freitag. Alle Schüler sollten auch unter den angespannten Bedingungen ohne Unterricht genügend Zeit für die Vorbereitung haben. "Oberstes Ziel ist, dass alle faire Bedingungen für ihre Abschlussprüfungen bekommen", betonte Eisenmann.

Für die allermeisten Schulabschlussklassen bringt in diesem Jahr damit der Mai den Prüfungsstress mit sich: In den Gymnasien sollen die Haupttermine vom 18. bis 29. Mai stattfinden. Bei Real- und Werkrealschulen sind die Abschlussarbeiten vom 20. bis 28. Mai anberaumt, die Hauptschüler sollen vom 16. bis zum 24. Juni schwitzen. Die beruflichen Schulen samt beruflichen Gymnasien und Berufsoberschulen sind vom 18. Mai an dran. Eisenmann betont, dass es nicht zu Schwierigkeiten beim Übergang ins Studium und in die Berufsausbildung kommen soll. "Die Fristen der zulassungsbeschränkten Studiengänge und der beruflichen Ausbildung haben wir im Blick."

Viele Detailfragen sind noch zu klären, aber mit diesem Verschiebungsplan hat das Kultusministerium die Grundlage für die Schulabschlüsse im Corona-Jahr gelegt. Prinzipiell sind die Schulverwaltungen nicht unerfahren darin, mit größeren Herausforderungen in speziellen Prüfungsjahren umzugehen. Das ist zum Beispiel bei der Rückkehr zum Kernfächerabitur im Jahr 2002 oder beim ersten G8-Abitur 2011 so gewesen. Aber: Mit einem Ausnahmefall von der Dimension des Coronavirus haben die Schulbehörden in ganz Deutschland zum ersten Mal zu tun.

Einige Länder sind bereits vorgeprescht

Dass die Verschiebung der Prüfungen, bei der Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen vorgeprescht sind, nur eine Option ist – und vielleicht sogar die harmloseste – hat die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK) und Mainzer Schulministerin Stephanie Hubig (SPD) bisher am deutlichsten gemacht. Sie hoffe einerseits nach wie vor, dass die vor langer Zeit angesetzten Prüfungstermine doch noch eingehalten würden und könne andererseits den kompletten Ausfall der schriftlichen und mündlichen Prüfungen nicht ausschließen, erklärte sie. "Das ist eine besondere Situation, die überlegtes Handeln braucht und keine Schnellschüsse", betonte KMK-Präsidentin Hubig. Dass die KMK bundesweit einheitlich verfährt, wie erst vorige Woche beschlossen, ist mit dem Vorpreschen einzelner Länder allerdings Makulatur.

Bärbel Krauß

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