Freiburg - Die Freiburger Polizei hat in der Nacht zum Freitag erneut viel Arbeit mit sogenannten Corona-Partys in Südbaden gehabt. Die Zahl der Einsätze in der Stadt und den umliegenden Landkreisen sei "deutlich im zweistelligen Bereich" gewesen, berichtete ein Sprecher. Allerdings habe man nicht bei jedem der Einsätze auch tatsächlich noch jemanden antreffen können. Mehrfach seien die Gruppen bei der Ankunft der Polizei weggerannt. Andere wiederum hätten sich auf die mahnende Ansprache der Polizei dann einsichtig gezeigt.
In einem Fall in Bad Säckingen (Kreis Waldshut) sei ein betrunkener 24 Jahre alter Mann in Gewahrsam genommen worden, weil er Polizisten beleidigte, nachdem er zuvor gegenüber einer 18-Jährigen gewalttätig geworden war. "Unser gut gemeinter Appell hat keine Wirkung gezeigt", meinte Polizeisprecher Jerry Clark am Freitag enttäuscht. Im Gegenteil: Im Vergleich zum Mittwochabend sei man am Donnerstag etwa doppelt so häufig zu Corona-Partys gerufen worden.
Freiburgs Polizeipräsident Franz Semling drohte: "Wir werden konsequent einschreiten!" Er kündigte am Freitag außerdem an, dass die Polizei nun mehr Präsenz auf den Straßen der Region zeigen werde. Sie arbeite dabei im engen Schulterschluss mit den Kreisen Emmendingen, Breisgau-Hochschwarzwald, Waldshut und der Stadt Freiburg: "Mit einem angepassten Kräftekonzept werden wir die Stadt bei der möglichst schnellen und flächendeckenden Umsetzung der Verordnung unterstützen", erklärte Semling mit Blick auf das Betretungsverbot, das Oberbürgermeister Martin Horn (parteilos) in Freiburg am Donnerstagabend als bundesweit erster OB ("Das ist uns allen nicht leicht gefallen") erlassen hatte.
Und das ab diesem Samstag gilt: Für zwei Wochen wird allen Freiburgern das Betreten öffentlicher Orte untersagt, außer wenn sie zur Arbeit, zum Arzt oder einkaufen gehen müssen. Formal sei das Freiburger Betretungsverbot keine Ausgangssperre, hieß es dazu aus dem Rathaus. Und doch erinnert das Vorgehen an die Lage im Elsass, wo seit Montag bereits vergleichbare Regeln gelten und das öffentliche Leben zum Stillstand gekommen ist. In Freiburg habe man davon am Freitag indes noch nicht viel zu sehen bekommen, war aus der Stadt zu hören. Das decke sich mit seiner Einschätzung, sagte Clark.
Mittlerweile ist die baden-württembergische Landesregierung dem im Stadtrat parteiübergreifend einstimmig gefassten Freiburger Kurs gefolgt und hat ebenfalls ein Betretungsverbot angekündigt, das ab diesem Samstag greift: Im Prinzip dürfen nur noch Familien gemeinsam das Haus verlassen, Gruppentreffen sind verboten. "Bleiben Sie zuhause!", appellierte Kretschmann wörtlich.
"Bis zu 25 000 Euro Strafe und mehrjährige Haftstrafen" riskiere, wer sich in der aktuellen Notlage nicht einsichtig zeige, mahnte Innenminister Thomas Strobl (CDU). Es gehe nicht mehr um die Frage, "was jeder Einzelne tun kann, sondern was er tun muss", um die Ausbreitung der Corona-Epidemie zu verlangsamen, betonte Strobl eindringlich. Nun sei es Zeit, "dass jeder endlich mitmacht", bekräftigte auch Jerry Clark in Freiburg, wo nach Informationen unserer Zeitung noch am Freitagnachmittag eine Gruppe von 40 bis 50 Personen nahe einer Jugendherberge im Osten der Stadt eine große Grillparty im Freien feierte.
Da Viren aber auch vor Polizisten nicht haltmachen, hat die Freiburger Polizei ihre Schichtdienste an die aktuelle Situation angepasst, Franz Semling: Soziale Kontakte unter den Kollegen würden daher soweit wie möglich reduziert. Mit flexibilisierten Arbeitszeiten, mobilem Arbeiten und einem abgestimmten Schichtkonzept auf den Revieren werde der Ansteckungsgefahr auch organisatorisch entgegengetreten.
Unterdessen hat eine Freiburger Pizzeria bundesweite Bekanntheit in den Medien erlangt: Der "Spiegel" hat den Wirt Nicola Stampone getroffen, der in Littenweiler das traditionsreiche Gasthaus "La Corona" ("Die Krone") führt. Seine Umsätze seien zuletzt um 80 Prozent eingebrochen, berichtete er dem Magazin am Tag vor Horns Betretungs-Erlass und der Reaktion aus Stuttgart. In den kommenden Wochen dürften Stampones Umsätze somit, wie überall sonst auch, nahezu auf einen Nullpunkt sinken, denn auch er darf nun nur noch Essen zum Mitnehmen verkaufen.
Im elsässischen Mülhausen ist am Freitag ein Feldlazarett errichtet worden, um 30 zusätzliche Intensivbetten zu erhalten. Wie viele Menschen im Departement Haut Rhin an Corona erkrankt oder verstorben sind, wird seit Dienstag nicht mehr im Detail kommuniziert: Getestet werden dort nur noch die Bediensteten in den Kliniken, nicht aber mehr die Kranken. Für die Region Grand Est, zu der das Elsass gehört, waren am Donnerstag 93 Todesfalle bekannt. Über 1100 Corona-Patienten lagen in den Kliniken, davon rund 300 auf den Intensivstationen. Mehr als 200 sollen bereits aus den Kliniken entlassen worden sein.