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20191014114723

Riccardo hatte viele Freunde

11:41
14.10.2019
Riccardos Vater tritt mit einem schwarzen Poloshirt, auf dem das Gesicht seines verstorbenen Sohnes gedruckt ist, in den Zeugenstand. Vorneweg möchte er erklären, weshalb sein anderer Sohn, der sieben Jahre älter ist als Riccardo, nicht hier sei: dieser vermeide eher die Auseinandersetzung, weil er den Tod nicht verkraften könne. Deshalb wolle er nicht hören, was hier passiere. Auch er und seine Frau können schlecht damit umgehen. Seit ihr Sohn aus dem Leben gerissen wurde, können sie praktisch kaum schlafen. Er durchlebe es jede Nacht aufs Neue, dass die Polizei an seiner Türe schellt und die unglaubliche Nachricht überbringt.

Aufgewachsen ist Riccardo zweisprachig: spanisch und deutsch, da seine Mutter aus Südamerika kommt. Seine Eltern hatten es besser gefunden, wenn er nicht als Teamleiter nach Stuttgart zum Ufa-Palast gegangen wäre. Aber sie machten sich aufgrund seiner aufgeschlossenen Art nie Sorgen, dass er und Jaqueline Schwierigkeiten hätten.

Riccardo sei bis zum letzten Atemzug Pfadfinder gewesen - seit er acht Jahre alt war. Einige seiner Pfadfinderfreunde seien auch im Gerichtssaal und haben den Eltern einen Brief über ihn gegeben, der durch die Richterin vorgelesen wurde. Sie sahen ihn als Teil ihrer Familien, auch wenn sie nicht blutsverwandt waren. Und sie beschreiben ihn als herzlich, humorvoll und sarkastisch. Jemand, der erwachsen wurde, aber noch das Kind in sich behalten konnte.

Nach den Vernehmung der Eltern ist Pause. Im Saal herrscht tiefes Schweigen. Viele  Menschen weinen, darunter auch der Angeklagte.

Veronika Kanzler

"Jaqui" war ein fröhlicher Mensch

11:38
14.10.2019
Es ist auch für Richterin Cornelie Eßlinger - Graf das erste Mal, dass sie Angehörige von verstorbenen verhört. Für Jaqueline spricht ihre Mutter, die sie mit vollem Namen nur dann ansprach, wenn sie sauer war. Sonst war es immer "ihre Jaqui" . Die 22-jährige sei immer ein aufgeweckter und fröhlicher junger Mensch gewesen. Mit vielen Hobbys und Freunden. Es war das einzige Kind der Eltern. Jaqui habe immer so viel geredet, manchmal sei es fast schon anstrengend gewesen. Und jetzt sei es einfach nur so still.

Jaqueline kam gemeinsam mit ihrem Freund im Oktober 2018 nach Stuttgart und wollte hier in Studium beenden. Kurz davor, so erzählt die Mutter, habe sie von BWL auf ein Fernstudium der Touristik umsetzen wollen. Für die Zukunftspläne habe sie sich ausgemalt, dass sie und Riccardo heiraten und Kinder bekommen.

Die Mutter ist nach sieben Wochen wieder arbeiten gegangen. Gemeinsam mit ihrem Mann befinden sie sich in psychologischer Hilfe. Die Eltern von Riccardo und sie unterstützen sich gegenseitig.

Veronika Kanzler

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