Riccardos Vater tritt mit einem schwarzen Poloshirt, auf dem das Gesicht seines verstorbenen Sohnes gedruckt ist, in den Zeugenstand. Vorneweg möchte er erklären, weshalb sein anderer Sohn, der sieben Jahre älter ist als Riccardo, nicht hier sei: dieser vermeide eher die Auseinandersetzung, weil er den Tod nicht verkraften könne. Deshalb wolle er nicht hören, was hier passiere. Auch er und seine Frau können schlecht damit umgehen. Seit ihr Sohn aus dem Leben gerissen wurde, können sie praktisch kaum schlafen. Er durchlebe es jede Nacht aufs Neue, dass die Polizei an seiner Türe schellt und die unglaubliche Nachricht überbringt.
Aufgewachsen ist Riccardo zweisprachig: spanisch und deutsch, da seine Mutter aus Südamerika kommt. Seine Eltern hatten es besser gefunden, wenn er nicht als Teamleiter nach Stuttgart zum Ufa-Palast gegangen wäre. Aber sie machten sich aufgrund seiner aufgeschlossenen Art nie Sorgen, dass er und Jaqueline Schwierigkeiten hätten.
Riccardo sei bis zum letzten Atemzug Pfadfinder gewesen - seit er acht Jahre alt war. Einige seiner Pfadfinderfreunde seien auch im Gerichtssaal und haben den Eltern einen Brief über ihn gegeben, der durch die Richterin vorgelesen wurde. Sie sahen ihn als Teil ihrer Familien, auch wenn sie nicht blutsverwandt waren. Und sie beschreiben ihn als herzlich, humorvoll und sarkastisch. Jemand, der erwachsen wurde, aber noch das Kind in sich behalten konnte.
Nach den Vernehmung der Eltern ist Pause. Im Saal herrscht tiefes Schweigen. Viele Menschen weinen, darunter auch der Angeklagte.