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Pro: Beatrix Schweiger, Anästhesistin

13:26
06.02.2019

Das Potenzial sehen: Kommunikation und Kooperation wäre wichtig
In meiner langjährigen Arbeit als Schmerztherapeutin hatte ich bereits die hervorragende Wirkung von Vitamin D erfahren. Im Sommer 2016 – auf der Suche nach einer Möglichkeit eine Patientin mit V.a. Multiple Sklerose zu unterstützen – stieß ich zunächst auf die SOLAR-Studie und kurz danach auf das bis dahin in Europa weitgehend unbekannte Coimbraprotokoll gestoßen.
Ich war sehr skeptisch. Nach einem Gespräch mit der deutschen Pionierpatientin Christina Kiening war mir aber klar, dass ich mich ernsthaft und gründlich mit dieser Möglichkeit beschäftigen wollte. Die Ausbildungen bei Professor Coimbra haben meine Skepsis mehr als zerstreut. Selten habe ich einen Kollegen so methodisch sauber und analytisch arbeiten und dokumentieren gesehen und die Ergebnisse waren und sind überzeugend. Die meisten Patienten hatten einen Stillstand der Erkrankung erreicht und konnten über viele Jahre eine Verbesserung der Symptome erfahren.
Diese Möglichkeit, Menschen buchstäblich ihr Leben wieder zurückzugeben, hat mich so beeindruckt und berührt, dass meine Praxis das Coimbra-Protokoll nun als Schwerpunkt anbietet. Wir betreuen mittlerweile fast 600 Patienten und können mit den ebenfalls zertifizierten Protokollärzten in Deutschland, Österreich und der Schweiz von hervorragenden Ergebnissen berichten.
Dass Vitamin D eine Wirkung bei Multipler Sklerose zeigt, ist unumstritten. Ebenfalls gesichert ist die Wirkung auf zahlreiche Gene und eine damit verbundene Immunmodulation. Vitamin D wirkt im Zellkern und hat damit eine Wirkung auf unseren innersten Bauplan.
Leider gibt es keine Studie, die unsere Arbeit mit dem Coimbra-Protokoll beweist. Es gibt lediglich tausende Verlaufsbeobachtungen. Ein Hauptkritikpunkt ist jeweils auch eine drohende Nierenschädigung oder eine Osteoporose. Dies versuchen wir mit entsprechenden Maßnahmen zu verhindern. Aktuell sammeln wir die Daten von 1000 Patienten, um nachzuweisen, dass die hohen Dosen an Vitamin D nicht schaden.
Ziel und Wunsch ist es, das Coimbra-Protokoll auf wissenschaftlich saubere Füße zu stellen. Es wäre hervorragend, wenn immer mehr Kollegen das Potenzial der Methode sehen und ihre Patienten bei der Anwendung durch einen zertifizierten Protokollarzt unterstützen. Eine begleitende fachärztliche Betreuung durch den Neurologen zur Verifizierung des Behandlungsergebnisses ist unerlässlich, und ich freue mich über jeden Kollegen, der mit uns in ein offenes Gespräch eintritt. Letztlich aber geht es darum, dass Patienten in großer Not durch die kollegiale Zusammenarbeit gut und sicher betreut sind.
Übrigens: Man kann die Sonneneinstrahlung nicht mit eingenommen Vitamin D-Einheiten vergleichen. Die Vorstufe muss schließlich erst mehrfach in die aktive Form umgewandelt und dann auch noch in den Zellkern transportiert werden, das bedarf einer enzymatischen Leistung. Die Umsetzbarkeit ist der entscheidende Punkt. Insofern ist es ein Ammenmärchen zu sagen, dass in die Sonne legen so und so viel Vitamin D in den Körper spült. Das ist in hohem Maße individuell.

Generell sollte jeder Mensch in einem hochnormalen Vitamin D-Bereich sein. Daher macht es großen Sinn, seinen Spiegel bestimmen zu lassen. Auch davon hängt dann die Höhe der Tagesdosis ab, die sinnvoll wäre, einzunehmen. Eine pauschale Dosis kann man nicht nennen. Die international geltenden 4000 Einheiten sind in den meisten Fällen zu gering. Ich nehme 6000 Einheiten täglich und bin immer noch im unteren Bereich des Referenzwerts. Aber für manche reichen 4000 IE aus, daher ist es so wichtig, den Spiegel bestimmen zu lassen. (aufgezeichnet: fs)

Beatrix Schweiger arbeitet als Anästhesistin, hat eine Praxis für Schmerztherapie und orthomolekulare Medizin und ist Hauptverantwortliche für die Vernetzung von Coimbra-Protokoll-Ärzten im deutschsprachigen Raum.

Nicole Rabus