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Die Patienten

13:34
06.02.2019

Max Schadenberg*, 39 Jahre, MS-Diagnose 2009, Coimbra-Protokoll seit April 2017
Nach neun Jahren Therapie mit Betaferon war ich spritzenmüde, weil nach wie vor die Erkenntnis gefehlt hat, ob es etwas bringt. Statistisch sagt man, es helfe 30 Prozent der Patienten. Durch einen Zufall habe ich dann Ende 2016 von einer anderen MS-Patientin von der Vitamin-D-Hochdosis-Therapie nach Coimbra gehört, sie war auf die Facebook-Gruppe gestoßen. Es hieß, dass die Erfolgsrate viel höher und auch totaler Stillstand der Krankheit möglich sei – und das bei einer Therapie, die im Vergleich zum Spritzen – manche sagen, man spritze sich Gift in den eigenen Körper – keine spürbaren Nebenwirkungen hat. Zudem ist die Coimbra-Therapie nach wie vor die einzige bei MS, die NEDA-4 geschafft hat. Das bedeutet, dass es dann keinen Nachweis einer Krankheitsstörung mehr gibt. Ich habe mir auch ein Video zum Coimbra-Protokoll angesehen und das Buch „8 Jahre Coimbra bei MS“ gelesen, in dem autoimmunkranke Patienten erzählen, wie gut die Therapie angeschlagen hat. Das alles hat mich dann bewogen, es zu tun – und ich habe zunächst parallel zum Betaferon Vitamin D genommen. Etwa acht Monate später habe ich dann mit den Betaferon-Spritzen aufgehört und mich voll auf Vitamin D konzentriert. Das Coimbra-Protokoll zu meinem Therapie-Beginn noch frisch und neu in Deutschland, obwohl Coimbra das ja schon länger gemacht hat. Die krankenkassenärztliche Versorgung hat es aber eher abgeblockt, für die ist das eher ein Vitamin-D-Hype. Ich war damals bei einer Therapeutin, die als erste Deutsche bei Professor Coimbra war. Mittlerweile habe ich aber einen neuen Coimbra-Protokoll-Arzt in meiner Nähe.
Mein bisheriger Neurologe ist ein Verfechter der Schulmedizin und überzeugt, dass das Betaferon gut bei mir angeschlagen hat. Ich wollte zuerst das Coimbra-Protokoll neben der Basistherapie machen und diese dann später einstellen. Er hat davon abgeraten, die Betaferon-Therapie zu beenden. Ich habe es trotzdem so gemacht, sicher auch weil es mir mein insgesamt guter Gesundheitszustand ermöglicht. Mittlerweile sagt er, dass er durchaus bei manchen Patienten anfangs positive Entwicklungen bei kleineren Einheiten Vitamin-D um die 10.000 bis 20.000 IE sieht. Mehr bringe seiner Meinung nach aber nicht. Ich nehme pro Tag mein Vitamin D und zusätzliche unterstützende Nahrungsergänzungsmittel entsprechend der Coimbra-Therapie, gehe aber weiterhin auch zu meinem bisherigen Neurologen, der mich auch ohne Betaferon untersucht. Das Coimbra-Protokoll misst sich nicht am Vitamin D-Wert im Körper, sondern man misst den Parathormonspiegel, den PTH-Wert, weil dieser zeigt, inwieweit Vitamin D im Körper aktiv wirkt. Nach Coimbra liegt bei jeder Autoimmunerkrankung eine Vitamin-D-Stoffwechselstörung vor. Es geht nicht unbedingt nur um einen Vitamin-D-Mangel. Daher ist das immer eine sehr individuelle Geschichte, wie viele Einheiten Vitamin D man einnehmen sollte. Ich habe gehört, dass es jedenfalls besser ist, täglich Vitamin D zu nehmen als nur einmal pro Woche, damit sich der Vitamin-D-Spiegel im Körper stabil halten kann.
Am 12. Januar 2019 habe ich Einjähriges gefeiert. Da war ich ein Jahr lang spritzenfrei. Meine Erkenntnis ist: Ich merke Gott sei Dank nichts von der MS – mit Spritzen und ohne. Das MRT zeigt nach wie vor keine negativen Entwicklungen. Die Entzündungsherde sind still, das waren sie aber auch schon vor dem Coimbra-Protokoll. Mir geht es gut und es ging gut. Bei meinem Tremor im rechten Arm habe ich zwar auch mit Vitamin D keine Veränderung, das lag aber auch schon zu lange zurück. Es heißt, dass Symptome wie Schwindel oder Tremor beim Coimbra-Protokoll nur verschwinden, wenn deren Auftreten nicht allzu lange zurückliegt. Positiv ist allerdings, dass ich auch ohne Betaferon keine negativen Auswirkungen habe. Zudem fallen die Spritzen genauso weg wie die grippeähnlichen Symptome – Schüttelfrost, Gliederschmerzen, die mit Betaferon ab und zu nachts auftraten und nur mit Schmerzmitteln wieder weggingen. Zudem ist der Körper nicht mehr mit blauen Flecken durch die Einstiche übersäht. Und das Vitamin D hilft dem Immunsystem, ich bin nicht mehr erkältet, seitdem ich es nehme. Ich würde jedem empfehlen, seinen Vitamin D-Spiegel bestimmen zu lassen und dann auf alle Fälle etwas zu nehmen.
Dafür gibt es andere Nebenwirkungen bei höheren Dosen, bei denen man aufpassen muss. Ich persönlich merke zwar kaum etwas, aber man muss seinen Körper beziehungsweise die Nieren genau beobachten, damit durch die hohen Vitamin-D-Gaben die Nierenfunktionen nicht geschädigt werden. Zudem muss man sich calciumarm ernähren, also keine Milch, wenig Nüsse, kein Käse. Das belastet mich aber nicht so stark wie die Spritzen. Meine Nieren-Werte sind zum Beispiel nicht so gut seit dem Coimbra-Protokoll. Da muss ich gucken, was ich mache, eventuell die Vitamin-D-Dosen senken.
Bestimmt ist das Coimbra-Protokoll bei neun von zehn Neurologen kein Thema, wenn ich diese als Autoimmunkranker aufsuche. Das läuft bei vielen unter Schmu – und das ist Quatsch. Denn Professor Coimbra hat eine wissenschaftliche Basis, die Prozesse sind ja belegbar. Da kommt so ein Gefühl auf, dass es von der Schulmedizin unterdrückt wird. Da wird Geld eine Rolle spielen, also was will die Pharmaindustrie und was nicht. Das ist für mich unverständlich, weil die Erfolgsraten bei keinen anderen Therapien ähnlich hoch sind. Die Vitamin-D-Wirkung bei Autoimmunkrankheiten ist wissenschaftlich belegt, aber mit Studien ist es auch deswegen schwierig, weil die Dosis ja immer individuell ist. Professor Coimbra sagt eher: Das mit den Studien interessiert mich nicht so sehr, ich will Patienten helfen. Auch mich persönlich interessieren die Studien nicht, wenn ich bei zehn Patienten, die das Protokoll machen, von acht höre: Es ist super. Weil es die Kasse nicht anerkennt, kostest es für den einzelnen Patienten mehr. Und den medizinischen Sektor würde es insgesamt weniger kosten, wenn es anerkannt wäre, weil die anderen Therapien viel teurer sind.
An Politikern habe ich keine Kritik, die haben keine Ahnung. Das Thema ist einfach zu klein. Krebs oder Aids haben da Vorrang. Ich übe aber Kritik an Ärzten und an der Pharmaindustrie, dass man versucht, die Coimbra-Therapie zu unterdrücken. Amsel und DMSG sind da auch mit federführend. Amsel ist pharmagetrieben. Das hört man oft, dort liest man nie über was Gutes zum Coimbra-Protokoll. Professor Coimbra hingegen kann man nur ein großes Lob aussprechen, weil er versucht, so vielen wie möglich zu helfen, und die Therapie zudem kostenlos anderen Medizinern beibringt. Er selbst ist ja Neurologe und seine Schüler auch Fachärzte. Das ist also keine Naturheilkunde oder Homöopathie. Auch daher würde ich mir mehr Aufgeschlossenheit wünschen. Es gibt Hardliner unter den Ärzten, die sich gar nicht damit befassen. Da erwarte ich Offenheit im medizinischen Sektor. Es ist nämlich auch spannend, dass Autismuskranke ebenso erfolgreich mit Vitamin D von Coimbra behandelt wurden. Und auch in der Schwangerschaft ist der Vitamin D-Spiegel wichtig.
*Name geändert

Nicole Rabus