Letztes Update:
20221117230151

Sie ist wieder da

09:10
02.02.2019
Die Zerrung ist wieder zurück, in dem Ausmaß wie vor zwei Wochen. Und jeder, der schon einmal eine Leistenzerrung hatte, wird wissen, wie schmerzhaft der Alltag damit ist. Ich ärgere mich über mich selbst, dass ich zu ungeduldig war und nun dafür die Quittung bekommen habe. Ich werde wohl weitere zwei Wochen aussetzen müssen. Das ist ein Rückschlag - nicht nur in meinem Trainingsplan. Diese Lektion zeigt mir, woran ich neben meiner Ausdauer noch arbeiten muss: daran, auf meinen Körper zu hören, seine Signale lesen zu können.

Die kommenden Tage muss ich meine Laufsachen also wieder im Schrank verstauen. Meiner Motivation tut das jedoch keinen Abbruch. Ich habe mich für meinen nächsten Lauf in Bremen bereits angemeldet.

Doch nicht nur die Zerrung wirft mich aus der Bahn. Nachdem ich über meinen Silvesterlauf und dessen Folgen gebloggt habe, musste ich Kritik auf Facebook stellen. Dort hieß es unter anderem, dass es peinlich sei, dass so eine augenscheinlich unsportliche Person wie ich für den Halbmarathon trainiere und darüber berichte. Das hat mich getroffen. Denn meine körperliche Statur und mein Gewicht waren bisher kein Thema. Mit anderen Sportlern habe ich mich über Lauftechniken, Motivation oder anstehende Wettbewerbe ausgetauscht. Niemand hat angezweifelt, dass ich körperlich nicht in der Lage sei, meine Ziele zu erreichen. Zudem gab es während meines Studiums eine Zeit, in der wog ich rund 40 Kilogramm und hatte beim Laufen größere Probleme.

Zudem gibt es eine Sache, die man bei Laufveranstaltungen immer wieder beobachten kann: Man sieht den Läufern an ihrer Statur nicht ihr Fitnesslevel an. Die augenscheinlich fittesten können langsamer sein, als Läufer mit Bäuchlein oder kräftiger Statur.

Träger Stoffwechsel nur eine Ausrede?

"Drahtige Läufer haben körperlich bessere Voraussetzungen als jemand, der zwei Meter groß und 120 Kilogramm schwer ist", sagt Thomas Eggert, Sportmediziner aus Bremen. Denn Läufer mit weniger Gewicht profitieren von den positiven Eigenschaften. "Trotzdem spricht nichts dagegen, dass auch jemand mit höherem Körpergewicht erfolgreich läuft", so Eggert. Jedoch wirken sich mehr Kilos auch stärker auf die Laufzeit aus, denn das Gewicht muss bewegt werden. Ein Limit sieht Eggert jedoch nicht: "Die positiven Eigenschaften des Laufens überwiegen. Auch für Menschen mit höherem Gewicht ist es schaffbar, längere Strecken und Trainingseinheiten zu absolvieren."

Menschen, die durch Laufen abnehmen wollen, sich aber keine signifikanten Erfolge einstellen, neigen zu Erklärungen, so Eggert. Da heißt es, man habe schwere Knochen oder einen trägen Stoffwechsel. Dies stimme aber nur teilweise. Der Stoffwechsel habe Einfluss, jedoch keinen so großen, als dass dazu führe, kein Gewicht zu verlieren. Vielmehr sei anerzogenes falsches Essverhalten unter anderem ein Grund.

"Oft ist die Bilanz zwischen Kalorienaufnahmen und Kalorienverbrauch unausgewogen. Um Gewicht zu verlieren, müssen mehr Kalorien verbrannt werden, als dem Körper zugeführt werden", so Eggert.

Ein Problem sei bei oftmals, dass, obwohl mehrmals die Woche trainiert wird, sich kein wirklicher Gewichtsverlust verzeichnen lässt. Das liege so Eggert am falschen Training. Denn ist der Puls zu hoch beim Laufen, aktiviere der Körper für die benötigte Energie nicht die Fettreserven, sondern die Leber. Ein Indiz dafür sei, dass Läufer nach dem Training eine starkes Hunger- und Durstgefühl hätten. Der Körper will so die verlorenen Reserven schnellstmöglich wieder auffüllen. "Ein Puls zwischen 130 und 140 Schlägen pro Minute ist in der Regel optimal. Viele Läufer machen den Fehler zu schnell zu laufen. Eine Faustregel ist, dass man sich beim Laufen noch gut unterhalten können muss.", so Eggert. Zudem sei für eine Gewichtsreduktion ein Trainingsintervall von zwei bis drei Läufen pro Woche mit mindestens 30 bis 45 Minuten Dauer optimal. Was mich positiv stimmt: Ich mache es genau richtig! Laufe mehrmals in der Woche mindestens 45 Minuten und achte auf meinen Puls.

Zudem zeige sich am Körperbau eines Läufers nicht unbedingt seine Fitness, denn die Ausdauerleistung und die Stärke des Herz-Kreislauf-Systems, die für Langstreckenlauf am wichtigsten sind, sind physisch nicht sichtbar. "Muskeln, die man beim Laufen braucht, werden nicht aufgebaut wie beim Krafttraining. Die Muskeln sind bereits vorhanden und werden nur gestärkt." Zudem sei bei professionellen Läufern das Unterhaut-Fettgewebe stark reduziert und führe dazu, dass viele eine drahtige, fast schon verhärmte Statur aufweisen.

Mein Fazit nach dem Gespräch mit dem Sportarzt Eggert: Ich muss achtsamer im Alltag beim Thema Ernährung sein. Und für diese Erkenntnis danke ich meinen Kritikern. 

Stefanie Heitmann