Wie brutal ist das Kapital? Bei Siemens in München ist offenbar die Entscheidung gefallen: Das Turbinenwerk am Standort Görlitz mit seinen 900 Mitarbeitern soll geschlossen werden. Eine entsprechende Mitteilung versandte das Technologieunternehmen am Donnerstag.
„Die Entscheidung macht mich wütend“, ließ Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig kurze Zeit später wissen. „Es kann nicht sein, dass ein Unternehmen mit Milliardengewinnen eine solche Entscheidung zu Ungunsten der Beschäftigten fällt.“ Der Aufsichtsrat solle jetzt das Votum kritisch hinterfragen und prüfen. Ministerpräsident Stanislaw Tillich zeigte sich ebenfalls schockiert von der Nachricht: „Das ist die Bankrotterklärung eines Technologiekonzerns. Für eine strukturschwache Region wie Görlitz kommt das wie ein Blitz aus dem Himmel.“ Er kündigte an, sich dagegen zur Wehr zu setzen.
Trotz eines angekündigten Milliardengewinnes will das Unternehmen in seiner Kraftwerkssparte sparen. Insgesamt 23 Standorte weltweit stehen demnach auf der Kippe. Weil der Trend weg von Großkraftwerken hin zu erneuerbaren Energien gehe, führte Siemens einen Grund an. Deshalb sei auch die Nachfrage eingebrochen.
Dabei verfüge Görlitz eigentlich über volle Auftragsbücher, wie selbst der Görlitzer Landrat Bernd Lange kürzlich bei einem Treffen mit dem Betriebsrat erfuhr. Erst am Mittwochabend hatte die Belegschaft mit einer Feuerwache ihrem Unmut darüber Luft gemacht, dass Siemens drastische Einsparungen am Neißeufer vornehmen könnte. Zu diesem Zeitpunkt gab es lediglich Gerüchte. Mit der Nachricht aus Bayerns Landeshauptstadt werden diese nicht nur getoppt, sondern traurige Gewissheit – und das wenige Tage vor dem Fest der Liebe.