Wenige Stunden vor dem Beginn der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Paris haben Brandanschläge auf technische Anlagen weite Teile des französischen Bahnverkehrs lahmgelegt. Hunderttausende Menschen waren betroffen, auch einige deutsche Athleten litten unter dem Sabotageakt. Sie kamen nicht mehr rechtzeitig zur einzigartigen Zeremonie auf der Seine.
"Wir wussten ohnehin nicht, ob wir es machen können. Aber jetzt ist es definitiv zu spät", sagte Julian Schmidt aus dem BMX-Team dem SID, als er zusammen mit seinen Mannschaftskollegen mit fast zweistündiger Verspätung die Hauptstadt erreichte. Auch die Springreiter Christian Kukuk und Philipp Weishaupt verpassten die Feier. Sie mussten enttäuscht in Belgien umdrehen.
Premierminister Gabriel Attal sprach von "koordinierten und vorbereiteten Sabotageakten" und versicherte, Geheimdienste und Sicherheitskräfte seien mobilisiert, "um die Täter dieser kriminellen Taten zu finden und zu bestrafen".
Nach Angaben der französischen Bahn SNCF waren etwa 800.000 Fahrgäste betroffen. Zunächst bekannte sich niemand zu den Aktionen. Für Verkehrsminister Patrice Vergriete war es ein "skandalöser krimineller Akt". Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo erwartete "keine Auswirkungen" auf die Eröffnungsfeier am Abend, doch einige deutsche Athletinnen und Athleten mussten am Fernsehen zuschauen.
"Wir haben Anrufe von zu Hause bekommen, ob alles in Ordnung ist. Jetzt sind wir einfach froh, hier zu sein", sagte BMX-Fahrerin Regula Runge am Bahnhof Gare de l'Est.
Frankreichs Sportministerin Amelie Oudea-Castera verurteilte die Anschläge, ihre Sorge galt den Sportlerinnen und Sportlern in Paris. "Das sind die Spiele der Athleten, die jahrelang davon geträumt haben und um den Heiligen Gral - das Podium - kämpfen, und das wird sabotiert", sagte sie beim TV-Sender BFMTV. IOC-Präsident Thomas Bach versicherte, er habe "volles Vertrauen in die französischen Behörden".
Viele Bahnverbindungen mit den TGV-Hochgeschwindigkeitszügen müssten gestrichen werden, gab die SNCF an. Betroffen seien die Atlantik-, Nord- und Ostlinien. Die "Situation dürfte mindestens das ganze Wochenende anhalten, während die Reparaturen durchgeführt werden". Ein weiterer mutmaßlicher Sabotageakt auf der Strecke nach Marseille sei verhindert worden.
An den betroffenen Orten wurden jeweils Leitungen mit zahlreichen Glasfaserkabeln in Brand gesetzt, die für die Sicherheit der Züge und die Weichenstellungen wichtig sind. An den Pariser Bahnhöfen warteten zahlreiche Passagiere auf Informationen, ob und wann sie ihre Reise antreten könnten. Am Bahnhof Montparnasse waren die Gleise durch Gitter abgesperrt.
Regionalpräsidentin Valerie Pecresse sprach im Sender France Info von einer "Tat der Destabilisierung". Es sei "kein Zufall", dass dies am Tag der Eröffnungsfeier geschehe, sagte sie.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ließ mitteilen: "Die schwerwiegenden Sabotageakte gegen das französische Bahnnetz zeigen, wie ernst die Bedrohungslagen aktuell in Europa sind und wie wichtig die starken Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der Olympischen Spiele sind."
Wegen der Olympischen Spiele ist die Sicherheitslage in Frankreich angespannt, der Aufwand zum Schutz des Mega-Events ist gewaltig. Rund 35.000 Polizisten und Gendarmerie-Mitglieder sowie 18.000 Soldaten werden bei den Spielen im Schnitt jeden Tag im Einsatz sein.
"Sicherheit war die oberste Priorität für Paris 2024", sagte Organisationschef Tony Estanguet zuletzt über die Vorbereitungen auf Olympia. Frankreichs Innenminister Gerald Darmanin hatte unlängst betont, dass es "keine klare Bedrohung der Sicherheit der Olympischen Spiele" geben.