„Die Rahmenbedingungen sind schlecht, die Politik muss einiges tun – aber wir gehen dennoch davon aus, dass wir im klassischen Markt ein Plus im mittleren einstelligen Bereich hinbekommen könnten“: Mit dieser Prognose startet
Dr. Andrea Malgara, Managing Partner der Mediaplus Group in die Diskussionsrunde um AVoD und FAST. „Streaming kommt auf jeden Fall ins zweistellige Plus“, fügt der Hausherr im #FuVi24-Veranstaltungsort House of Communication hinzu. Er mahnt eine differenzierte Betrachtung an; TV-Budgets wandern nicht unbedingt rüber und werden AVoD oder FAST zugeschlagen. Dort werden eher neue Töpfe oder Online-Werbetöpfe erschlossen.
Aus Sicht eines Sendervermarkters betont
Stefanie Jäckel, Chief Strategy Officer bei der RTL-Firma Ad Alliance, dass Köln ähnlich positiv auf den Markt blickt – „wenn einige Hausaufgaben gemacht sind“. Das Geld gehe mit der Nutzung, aber „nicht aus dem TV raus“. Auch sie verweist auf das vergangene ProSieben-Wochenende, an dem Joko & Klaas den ganzen Sonntag ungewohnt und schräg bespielten (bei hohen Marktanteilen).
Ihr Haus hat durch neue Kooperationen inzwischen rund 1300 FAST-Channels im Portfolio der Vermarktung. „Die sind unheimlich fragmentiert“, relativiert die Ad-Alliance-Managerin. Diese sehr nischigen Angebote müssten gebündelt werden nach Themen, Zielgruppen, etc. Auch lineares TV als Ergänzung in einem FAST-Bundle können sich die Kölner vorstellen. Sie skizziert auch den Aufwand, den TV-Anbieter (im Gegensatz zu YouTube und Co?) betreiben mit großen Teams und Fact Checking, um dem Werbeklientel ein „sauberes“ Umfeld in TV und Stream bieten zu können. Stichwort „
Brand Safety“. In der Konkurrenz um Werbegelder ein wichtiges Argument, der Preis allein spiele nicht die Rolle, ist sich die Runde einig.
Bei dem Münchner Vermarkter Goldbach Germany ist man sehr positiv gestimmt: „Connected TV kennt nur eine Richtung – nach oben“, berichtet
Mario Neumann, Director Business Development. Dass sich Streaming- und TV-Konsum beim Publikum nahezu angleichen, würde die Entwicklung beflügeln. Dennoch ist ihm wie allen anderen bewusst, dass über klassisches TV nicht mehr alle erreicht werden, die „
Cord Cutting“-Quote sei hoch, raus aus den bisherigen Empfangswegen Kabel und Satellit. Der Switch der TV-Anbieter in den Stream sei daher nur konsequent.
„Das Fernseherlebnis ist effektiver als der Kontakt via Laptop oder Smartphone“, macht sich Neumann für den Big Screen stark. Gerade erlebe man einen Shift von TV UND Online-Video ins Connected TV, das alle Seh- und Werbeerlebnisse kanalunabhängig auf dem großen Bildschirm vereine. In komfortabler Konsum-Situation für das Publikum. „FAST ist dabei eine gute Hybrid-Technologie und -Inhaltedarstellung“, fügt der Vermarkter dazu.
Gibt es zu wenig Inventar im Online-Bewegtbildbereich aus Werbesicht? „Zu wenig qualitatives Inventar“ konkretisiert Malgara. „Die hundertste Kampagne im Online-Video-Bereich wird nicht mehr die Wirkung erzielen, die die hundertste TV-Kampagne erreichen kann“, meint der Mediaplus-Chef. Die Zuschauer:innenmengen könnten etwa bei YouTube gar nicht mehr auf einen Schlag gebündelt werden. Jäckel liefert noch eine Erklärung für den Erfolg der Google-Videotochter im Werbemarkt: „YouTube macht einen Preispunkt“, deutlich unter den Spot-Preisen von Prime Video oder Netflix etwa.
Deutlich wird in der Diskussion: alles beim Alten bei einem großen Missverständnis bei der Vermarktung von Bewegtbild ... Bruttoreichweite ist nicht mit Nettokontakten gleichzusetzen. Werkekunden, die viel Reichweite bei YouTube buchen, dringen wohl nur zu wenigen Usern mit ihrer Reklame wirklich durch.
Petra Schwegler