Noch viel Potenzial im Markt biete tatsächlich der TV-Strang – bei immer noch mehr als 30 Millionen Haushalten in Deutschland, die täglich mehr als 200 Minuten fernsehen. „Das wird ein gutes Jahr fürs Fernsehen“, sagt Markus Härtenstein voraus – allerdings nicht in der DVB-Welt. Vielmehr sieht er den guten Lauf von TV-Inhalten im Stream (Mediatheken), so der Vorstand Exaring AG und Betreiber von waipu.tv. Daneben seien SVoD-Anbieter – also klassische Abo-Angebote wie Netflix und Co – das „Beste“, was einem Plattformanbieter passieren könne. Denn das Angebot sei perfekt und komfortabel konfektioniert. Mit dieser Mixtur und der hohen Funktionalität glaubt waipu, im Sommer weitere User gewinnen zu können.
Laut Caterina Preti, Senior Vice President OTT bei Sky Deutschland, wächst der Münchner Anbieter in den letzten Jahren vor allem durch die eigene Streaming-Variante. Sie denkt auch, dass mit dem Wegfall des Nebenkostenprivilegs im Kabel zum Sommer und der bewussten Entscheidung vieler Miethaushalte für ihre Empfangssituation ein weiterer Schwung im Online-Markt zu erwarten sei.
Sehr klar formuliert Eva Reiter-Kluger, Leiterin der ORF-TVthek / ORF ON, den aus Sicht des österreichischen Öffentlich-Rechtlichen wichtigsten Grund für den aktuellen Ausbau der Mediathek: Es geht darum, das junge Publikum nicht aus den Augen zu verlieren. Dass der „ORF für alle“ auch ein Teil des Super-Streamers unter Leitung von Joyn in der Alpenrepublik geworden ist, entspringt der Strategie, mit den Inhalten aus dem eigenen Haus „überall“ vertreten zu sein. Mit Joyn sei man keine Kooperation eingegangen; vielmehr befinde man sich beim „Super-Streamer“ im Schulterschluss mit dem kommerziellen Anbieter ProSiebenSat.1 Austria, um gemeinsam der digitalen Übermacht die Stirn bieten zu können. Immerhin: Der zu einem Drittel aus Werbeerlösen finanzierte ORF darf sehr begrenzt und klar geregelt auch im Stream werben (im Gegensatz zu ARD und ZDF, denen jegliche Werbung im Netz untersagt ist). Laut Eva Reiter-Kluger sei diese Finanzierungssäule immens wichtig.
Gegenüber Kooperationen zeigt sich auch Sky sehr aufgeschlossen, etwa im Bereich Sport beim Teilen von Rechten. Für Preti ein wichtiger Weg, um noch mehr und andere Kundenstämme anzusprechen mit den eigenen Inhalten. Dem auch hierzulande diskutierten „Super-Streamer“ steht die Managerin indes skeptisch gegenüber – ähnlich wie Härtenstein. Man diskutiere das breitere Bundling, eine Super-Aggregration. Doch bisher würde man aus Kund:innensicht einen Super-Streamer ablehnen; Abonnent:innen müssten unter Umständen für Dinge bezahlen, die man nicht haben wolle.
Gründe für ein Super-Bundle könnten aus Sicht von Lisa Jäger von Simon-Kucher am ehesten Preisvorteile für die User sein. Nur: Was hätten dann die Anbieter davon? Und vergraulen alle zusammen die Abonnent:innen nachhaltig, wenn das große Paket nicht schmecken sollte?
Markus Härstenstein macht daneben deutlich, wie wichtig die Werbefinanzierung für Streaming-Umfelder wird. waipu etwa kann durch FAST relevante Umsätze erzielen, also werbefinanzierte lineare Stream-Kanäle.