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Michael Merten
Michael Merten Das Altvater-Gebirge

Auf dem Weg zum Altvater

14:02
16.07.2023
Um 14 Uhr wird es Zeit, den Aufstieg zum Praded in Angriff zu nehmen. Dieser führt über einen schmalen, asphaltierten Weg durch den von Buchen und Fichten dominierten Wald, weshalb ich gut vor der Sonne geschützt bin und entsprechend voran komme. Alle paar Kilometer mache ich eine Pause, einmal auch länger. Bei 999 Metern über Null gibt es sogar eine kleine Quelle mit frischem Bergwasser, wo ich meinen Kopf kühlen und meine Flaschen auffüllen kann. Es geht mir gut, besser als gedacht!

Doch ich habe die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Denn nach einiger Zeit verändert sich der Untergrund zu grobem Schotter mit Steinen durchsetzt, wo die Mountainbiker Spaß haben, ich aber nur runpelnd vorwärts komme. Dazu wird es steil und der Schatten geht verloren. Das demoralisiert mich derart, dass ich schließlich das Rad schiebe, statt zu fahren. Was ich eigentlich nicht gern mache, sogar den Ventoux habe ich mich hochgequält, doch jetzt ist Schluss. 

So geht es eine zeitlang langsam voran, bis ich wieder fahren kann. Dann noch eine Schiebepassage, und als es auf die breite, asphaltierte Auffahrt zum Gipfel abbiegt, gibt mir das einen Motivationsschub. Schließlich bin ich oben, auf windigen 1.491 Metern, und kann ein Foto mit der Statue von Altvater Praded machen. Dann geht es den Berg hinab, jedoch mit "högschder Konzentration", wie Jogi Löw sagen würde, denn bei dem waldbedingten schnellen Wechsel von Licht und Schatten sieht man Schlaglöcher erst spät. Es geht noch knapp 20 Kilometer nach Brunstál.

Am Abend sitze ich in meinem spätsozialistischen Hotel und habe zum ersten Mal seit Tagen ein Gefühl der absoluten Gelassenheit, weil alles rund läuft. Ich bin jetzt zuversichtlich, dass ich die Tour trotz Höhenmetern und sonstigen Widrigkeiten in dem engen Zeitfenster von etwas mehr als sechs Wochen schaffen werde. Auch wenn immer mal wieder irgendein Körperteil Beschwerden macht, haben mir die drei Tage seit Prag Zuversicht gegeben. 

Michael Merten