Denise Herrmann-Wick gönnte sich nach ihrer Krönung ein paar süße Leckereien, die Teamkollegen ließen ihre Heldin mit "Campeones"-Gesängen lautstark hochleben. Doch nach der kleinen aber feinen Sause holte die Sprint-Weltmeisterin schnell der Alltag ein. Denn "Mami" musste im Quartier mal wieder für Ordnung sorgen. "So viel Wäsche hier. Die ganzen Kinder machen so viel Dreck, dann muss ich immer alles aufräumen", fluchte Herrmann-Wick wild vor sich hin.
Doch die Entrüstung der Team-Ältesten war natürlich nur gespielt, die gute Laune kannte nach der Erfüllung des Goldtraums "keine Bremse". Doch ihr Triumphzug im Sprint soll noch nicht der letzte Biathlon-Feiertag gewesen sein. "Wenn du mit der Nummer eins startest, ist das Ziel nicht, als Zehnte reinzukommen. Es gibt nur Vollgas und Attacke, um die Nummer eins zu verteidigen", gab Sportdirektor Felix Bitterling die Marschroute für den Verfolger aus.
Für ihren nächsten großen Medaillenangriff gönnte sich Herrmann-Wick am Samstag ganz viel Ruhe, das offizielle Training ließ sie bei widrigem Wetter sausen. Denn sie erwartet eine ganz schwere Mission. "Bei den Frauen sind in diesem Winter schon richtig viele auf dem Podium gewesen, es gibt viele heiße Anwärterinnen", sagte die 34-Jährige: "Die Ausgangslage ist natürlich eine gute, aber ich bin auch die Gejagte. Man muss sich alles neu erarbeiten."
Herrmann-Wick wird am Sonntag (13.25 Uhr/ZDF und Eurosport) ganz knapp vor der Schwedin Hanna Öberg in die 10 Kilometer starten, der Vorsprung auf einen Nicht-Podestplatz beträgt allerdings bereits eine halbe Minute. "Es ist ganz gut, dass die Hanna nicht so weit hinter mir ist. Dann kann man sich vielleicht zusammentun", so Herrmann-Wick. Das Sprint-Gold soll ihr die nötige Lockerheit verleihen.
Bestenfalls nicht nur ihr. Denn ihr "magischer Moment" könnte für das gesamte Team die Initialzündung sein. "Wenn die Mami Gold holt, sind alle happy", erzählte die mit Rang sieben ebenfalls starke Sophia Schneider. Frauen-Coach Kristian Mehringer hofft auf eine "Euphoriewelle". Bitterling forderte trotz aller Jubelarien, "auf dem Teppich zu bleiben". Gar nicht so einfach.
Denn bei "einer Heim-WM ganz oben zu stehen, ist nochmal ein anderer Gipfel als bei Olympia letztes Jahr. Das ist von der Emotionslage was anderes, wenn alle dabei sein können", erklärte Herrmann. Ehemann Thomas, ihre Familie und auch zahlreiche Freunde jubeln am Rennsteig an der Strecke mit. Das sei nach zwei Corona-Jahren "eine richtige Genugtuung". Und ihre treuesten Fans sollen natürlich noch mehr zu feiern bekommen.
"Es kommt ja noch ein bisschen was. Es ist immer alles möglich - alles oder eben auch nichts", betonte die passionierte Schlager-Anhängerin: "Der Kampf ums Podium ist für mich immer das Ziel." Als Lohn gäbe es danach sicher auch wieder ihren Lieblings-Hit "Der Zug hat keine Bremse".
sid