Nach vorläufigen Schätzungen des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) sind in der Ukraine bereits 100.000 Menschen auf der Flucht. "Es hat eindeutig erhebliche Vertreibungen im Land gegeben und es gibt Bewegungen Richtung Grenzen und ins Ausland", sagte eine UNHCR-Sprecherin am Donnerstagabend in Genf.
Die Präsidentin der Republik Moldau, Maia Sandu, twitterte am Abend, dass am Donnerstag mehr als 4000 Menschen aus der Ukraine über die Grenze gekommen seien. Die Regierung habe bei Palanca und Ocnița Auffanglager eingerichtet. "Unsere Grenzen sind offen für Menschen aus der Ukraine, die einen sicheren Aufenthalt brauchen oder durchreisen möchten", schrieb sie auf dem Kurznachrichtendienst.
Nach Angaben der UN-Organisation für Migration (IOM) sind in der Ukraine nach acht Jahren Konflikt bereits mehr als 1,4 Millionen Menschen Vertriebene. "Die Eskalation wird die humanitären Bedürfnisse noch verstärken und das Leid von Millionen von Familien verschlimmern", teilte IOM-Generaldirektor António Vitorino mit. Die Organisation stehe bereit, um in enger Absprache mit Regierungen und Partnern den Menschen zu helfen, die Hilfe brauchten.
Sorge vor humanitärer Krise
Das Europa-Büro der Weltgesundheitsorganisation WHO ist angesichts um das Wohlbefinden der betroffenen Zivilisten in der Ukraine besorgt. Jede weitere Eskalation in dem Konflikt könne zu einer humanitären Katastrophe in Europa mit vielen Todesopfern und weiteren Schäden für die ohnehin schon anfälligen Gesundheitssysteme führen, teilte die WHO Europa am Donnerstag mit.
"Gesundheitspersonal, Krankenhäuser und andere Einrichtungen dürfen nie zu einer Zielscheibe werden und ihnen muss gestattet sein, den Gesundheitsbedürfnissen von Gemeinschaften weiter zu dienen", erklärte die Organisation. Der Schutz von Zivilisten sei eine im humanitären Völkerrecht verankerte Verpflichtung.
Auch aus Sicht der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat die russische Militäraktion dramatische Folgen für die Bevölkerung vor Ort. "Es entsteht eine humanitäre Krise", sagte OSZE-Generalsekretärin Helga Schmidin Wien. Ein Strom an Menschen werde fliehen, während es für die Verbleibenden keine funktionierende Grundversorgung geben werde, sagte die deutsche Diplomatin bei einer Sitzung von Parlamentariern aus den 57 OSZE-Staaten.
Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR hat sich ebenfalls tief besorgt gezeigt. "Die humanitären Folgen für die Zivilbewohner werden verheerend sein", teilte UNHCR-Chef, Filippo Grandi mit, ohne den Einmarsch Russlands zu erwähnen. Die Organisation rief Nachbarländer auf, die Grenzen für Menschen, die Sicherheit und Schutz suchen, offen zu halten. Das UNHCR stehe in der Ukraine und Nachbarländern bereit zu helfen.
Mehrheit für für Aufnahme von Flüchtlingen
Drei von vier Deutschen befürworten die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge, die im Zuge der russischen Invasion aus ihrer Heimat vertrieben werden könnten. Nur wenige, nämlich 15 Prozent, lehnen die Aufnahme ab, wie eine forsa-Umfrage im Auftrag von RTL und ntv vom Donnerstag ergab. Demnach meinen allein die Anhänger der AfD (61 Prozent) überwiegend, dass Deutschland keine ukrainischen Flüchtlinge aufnehmen sollte.