Es gehört zu den Privilegien eines Reporter-Lebens, viele interessante Leute kennenzulernen – natürlich auch im Kollegenkreis. Einen haben wir nun bei den Winterspielen in Zhangjiakou wiedergetroffen. Er arbeitet für eine Sportagentur, und manche Spötter (auch die sind unter Journalisten zahlreich vertreten) behaupten, er sei dank seiner herausragenden Qualitäten als Satiriker und Humorist eigentlich zu Höherem berufen. Auch über seinen ersten PCR-Nasentest auf chinesischem Boden hat er einen beeindruckenden Satz verfasst. „Es war außergewöhnlich“, schrieb er in den sozialen Medien, „das Stäbchen so tief in den Nordeingang zu schieben, dass es durch den Südausgang wieder rauszukommen scheint – Respekt!“
Als Klage wollte er das allerdings nicht verstanden wissen. Eher als Lob dafür, dass die chinesischen Tester ihr Handwerk verstehen und ein feines Näschen für unsere unkomfortable Lage haben. Dem können wir nur zustimmen. Zum Glück.
Denn die Regeln hatten Schlimmes erwarten lassen. Jeder in der olympischen Blase muss täglich einen PCR-Test machen, sonst ist er raus. Oder besser: drin, im Quarantänehotel. Bei diesen Vorgaben ist es geblieben – die perfekte Organisation der Chinesen aber nimmt dem Szenario doch etwas den Schrecken.
Unser eher spartanisches Hotel in den Bergen von Zhangjiakou besteht aus zehn Gebäuden, und in jedem dieser Gebäude gibt es eine eigene Teststation. Die ganze Prozedur kostet so gut wie keine Zeit, und das komplett vermummte Personal ist auch noch superfreundlich. Heute schritt ein junger Mann zur Tat, der es beim Rachenabstrich nicht mal geschafft hat, unseren sonst üblichen Würgereiz zu provozieren. Die Bürste beim morgendlichen Zähneputzen schafft es gewöhnlich weiter nach hinten. Nach fünf Sekunden war alles erledigt, nach nicht mal einer Minute der ganze Test vorbei.
Sollte sich daran in den nächsten zwei Wochen nichts ändern, wäre es einfach, unserem olympischen Motto treu zu bleiben: Immer schön positiv – nur nicht beim Test. Oder um eine Anleihe bei unserem kreativen Kollegen zu nehmen: Noch gibt es keinen Grund, über die Chinesen das Stäbchen zu brechen.
Jochen Klingovsky