Von der Aufregung auf die Wahlergebnisse ist in Coburg am Sonntag noch nichts zu spüren. Das sagen die Wähler und Wahlhelfer.
Dass dieser Sonntag spannend und entscheidend ist, merkt man am Mittag noch nicht. Die Coburger Straßen sind leer, nur am Marktplatz tummeln sich kleine Gruppen. Das täuscht vielleicht darüber hinweg, dass in mehreren Wahllokalen bereits über Hundert Menschen ihr Kreuz gemacht haben, wie Wahlvorstand Heiko Luther im Gustav-Dietrich-Haus bestätigt: „Wir haben hier 845 Wahlberechtigte, von denen 358 bereits im Vorfeld ihre Stimme abgegeben haben“.
Kurz vor acht seien die ersten Wahlwilligen heute vor der Tür gestanden, zwischen neun und zehn sei es manchmal sogar zu kleinen Staus gekommen. „Die meisten kommen aber nach Mittag“, sagt Luther gut gelaunt. Viele nutzten das Wetter aus, um vorher oder nachher noch essen zu gehen und das Wetter ist warm und sonnig an diesem bedeutsamen Sonntag: „Wir haben viele Studenten und Erstwähler bei uns, die sind sehr engagiert und die Stimmung ist super. Heute ist es extrem spannend, wie es ausgeht“.
Stimmen am Wahllokal Gustav-Dietrich-Haus
Das finden auch Eli und Elisabeth, zwei ältere Damen, die sich trotz Gehhilfe die Treppen zum Wahllokal hochbemühen. Sie wählen so wie bei den letzten Wahlen auch: „Einerseits wäre es schön, wenn mal jemand anders regiert, aber andererseits bin ich unsicher, ob die das auch können“, sagt Eli. Ihrer Freundin und ihr war es wichtig, persönlich im Wahllokal zu erscheinen. Als Belohnung geht es dann auch gleich in den Biergarten, das Wetter genießen.
Für Stefanie, die nach dem Kreuzchen ihr Fahrrad sattelt, ist es ähnlich mit der Entscheidung. Sie hat schon einige Wahlen erlebt und schwankt immer zwischen ihren beiden Favoriten. Gegen Briefwahl hat sie nichts, fühlt sich aber demokratischer, wenn sie es vor Ort macht. Wichtig ist es ihr allemal: „Ich habe Angst, dass sich nach der Wahl nichts ändert“.
Anders sieht es Oktay, ein sportlicher Herr mit kurz rasiertem Bart. Er ist ziemlich zufrieden, wie es in Deutschland ist und wünscht sich keine große Veränderung. Dabei wählt er diesmal anders als zuvor, weil ihm das andere Wahlprogramm besser gefallen hat. Das Kreuz macht er lieber am Wahltag: „Ich will den Leuten in die Augen schauen“, witzelt er gut gelaunt und meint es ernst mit „bei uns ist doch alles super“.
Stimmen am Wahllokal Casimirianum
So läuft es auch am Casimirianum in der Coburger Innenstadt. Louis Münster, stellvertretender Wahlvorstand, geht von 130 Wählern am Vormittag aus und von 400, die noch kommen könnten. Davon erwartet er auch noch einige: „Ich denke, dass bei dieser Wahl mehr Leute wählen gehen, weil der Kanzlerposten neu besetzt wird. Das holt die Menschen an die Urne“.
Sogar Kinder: Der alleinerziehende Vater Sven hat seine kleine Tochter mit dabei: „Ich habe ihr erzählt, dass wir einen neuen Landeschef wählen, das fand sie sehr spannend und wollte mitkommen“. Für ihn hat der Wahlkampf nichts geändert, er hat wieder gewählt wie schon in den Jahren zuvor. Das Motto „soziale Gerechtigkeit“ habe in seiner Situation am meisten Gewicht gehabt, denn der Wahlkampf sei nicht besonders aufschlussreich gewesen.
Ähnlich sieht das die Familie um Claudia und einem anderen Sven. Sie haben keine eingespielten Rituale am Wahlsonntag und wollen nur abends dann im Radio oder per Internet die Ergebnisse einholen. Den Wahlkampf mit seinen zu vielen Trielen und der Mangel an Inhalten habe sie eher genervt. Auch die Berichterstattung war ihnen manchmal zu übertrieben oder gar zu subjektiv. Sven ist skeptisch, ob sich was ändert: „Die Menschen sind zu bequem. Ich wähle für die Zukunft und nicht für die Vergangenheit“, doch jetzt gehe es erst mal auf einen Ausflug.
Anders aber trotzdem transparent
Dass diese Wahl irgendwie anders ist, spürt man nicht nur an der Menge an Wahlwilligen, sondern auch an den besonderen Auflagen: Mit Maske, Abstand und regelmäßigem Desinfizieren von Kugelschreibern arbeitet es sich anders. Etwa die Hälfte der Coburger hat lieber von zu Hause aus gewählt.
Dennoch haben sich genügend freiwillige Helfer gefunden, die die Auflagen und Risiken in Kauf nehmen, um die Transparenz nach Außen zu ermöglichen, versichert Heiko Luther im Gustav-Dietrich-Haus: „Die Auszählung ist öffentlich. Jeder Bürger darf kommen und zusehen“. Wahlorganisator Roland Neubauer weiß auf Nachfrage auch, dass das immer wieder einmal von Einzelnen in Anspruch genommen wird: „Bei Briefwahlzentren noch mehr, aber insgesamt kommt es selten vor“.
Um 16 Uhr sind aus den 100 knapp 200 Stimmen je genanntem Wahllokal geworden. Die Innenstadt ist unverändert idyllisch. Nur vor den Cafés stehen die Menschen Schlange. Wenn es wegen „extremer Spannung“ bei den Coburgern unter der Haube brodeln sollte, merkt man das noch nicht. Die Auflösung kommt zwischen 19 und 20 Uhr.
Eben habe ich gewählt. Vielen Dank an alle Ehrenamtlichen, die heute in den Wahllokalen Dienst tun und dabei das unmittelbarste Zeichen für die Demokratie überhaupt setzen - ihr seid einfach großartig!
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