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Übernahmen treiben Stada an - Corona belastet Arzneiverkäufe

05:37
26.08.2021
Übernahmen haben dem Pharmakonzern Stada in einem schwächelndem Arzneimarkt geholfen. Während das Geschäft in Russland nach Zukäufen besser lief als erwartet, litt das Unternehmen in Deutschland im ersten Halbjahr unter den Folgen der Corona-Pandemie: Da viele Menschen Abstands- und Hygieneregeln einhielten, fiel die Erkältungs- und Grippesaison sehr glimpflich aus. Das belastete Stada beim Verkauf rezeptfreier Medikamente. Zudem hielten sich viele Leute aus Sorge vor Ansteckungen bei Arztbesuchen zurück.

Im ersten Halbjahr wuchs der Umsatz von Stada um drei Prozent auf 1,51 Milliarden Euro, wie der Grippostad-Hersteller am Donnerstag in Bad Vilbel mitteilte. Der Gewinn stieg gemessen am Vorjahreszeitraum um 24 Prozent auf gut 111 Millionen Euro. Grund für das starke Plus seien weniger Sondereffekte wie Rückstellungen.

Stada habe seine Widerstandsfähigkeit in einem schrumpfenden Markt für rezeptfreie Arzneien bewiesen, sagte Vorstandschef Peter Goldschmidt der dpa. Der Konzern sei nun Nummer vier in Europa bei verschreibungspflichtigen Nachahmerarzneien sowie bei rezeptfreien Medikamenten. Bei Spezialpharmazeutika habe man ebenfalls zugelegt.

Stada mit weltweit knapp 13 000 Beschäftigten setze weiter auf Partnerschaften mit Pharmakonzernen, Lizenzierungen von Arzneien sowie Übernahmen, sagte Goldschmidt. «Für Zukäufe haben wir etwa den US-Markt im Blick». Für den Rest des Jahres zeigte er sich verhalten: «Die Impfkampagnen versprechen Besserung, eine zügige Erholung lässt aber auf sich warten.»

Mit den Finanzinvestoren Bain und Cinven im Rücken, die Stada 2017 übernommen hatten, hat der Konzern viel Geld für Zukäufe ausgegeben. So erwarb Stada 2020 ein Arznei-Portfolio vom japanischen Konzern Takeda in Osteuropa für rund 600 Millionen, den Arzneihersteller Walmark in Tschechien, ein Medikamentenportfolio des britischen Pharmakonzerns GSK sowie Rechte für eine Therapie gegen fortgeschrittenes Parkinson. Mit den Zukäufen stieg die Verschuldung auf rund 2,6 Milliarden Euro. Kürzlich gab der Konzern zudem die Übernahme von mehreren Arzneimarken und eine Vertriebsvereinbarung mit dem französischen Arzneikonzern Sanofi bekannt.

(dpa)

Erkrankung trotz Impfung: Was bedeuten Impfdurchbrüche?

05:36
26.08.2021
Vollständig gegen Corona geimpft und trotzdem infiziert oder gar erkrankt: Die Zahl solcher Fälle steigt und verunsichert viele Menschen. Doch derartige Infektionen sind kein Zeichen dafür, dass die Spritzen nicht wirken, wie Experten betonen. Geimpfte würden immer noch ein deutlich geringeres Risiko haben, zu erkranken oder gar zu sterben. Tatsächlich müssen sich angesichts solcher Infektionen von Geimpften vor allem diejenigen Sorgen machen, die bislang noch nicht geimpft wurden.

Dass sich überhaupt geimpfte Menschen infizieren können, ist für Wissenschaftler keine Überraschung. «Wir wussten von Anfang an, dass die Impfung nicht zu 100 Prozent wirksam ist: Selbst in den Zulassungsstudien hatten sich vollständig Geimpfte infiziert», erklärt Carsten Watzl, Immunologe am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung der Technischen Universität Dortmund. Deswegen träten nun natürlich mehr und mehr Durchbruchsinfektionen auf, je mehr Menschen immunisiert würden.

Auch der Infektionsimmunologe Leif Erik Sander von der Berliner Charité betont, dass eine gewisse Zahl solcher Infektionen erwartbar gewesen sei: «Gerade bei einem respiratorischen Erreger, der die oberen Atemwege befällt, sich dort vermehrt und auch von dort weitergegeben wird, ist es schwierig, eine sterile Immunität herzustellen.» Von dieser spricht man, wenn sowohl die Ansteckung mit einem Erreger als auch dessen Weitergabe komplett unterbunden werden.

Das Robert Koch-Institut (RKI) definiert einen wahrscheinlichen Impfdurchbruch als Sars-CoV-2-Infektion mit Krankheitssymptomen, die bei einem vollständig geimpften Menschen mittels PCR oder Erregerisolierung diagnostiziert wurde. Dabei werde ein vollständiger Impfschutz angenommen, wenn nach einer abgeschlossenen Impfserie mindestens zwei Wochen vergangen seien. Laut RKI gab es seit Beginn der Impfkampagne bis zum 17. August 13 360 symptomatische Impfdurchbrüche. Bundesweit waren bis dahin 48 Millionen Menschen vollständig geimpft. Allerdings waren noch nicht bei allen davon die zwei Wochen nach der letzten Impfung vergangen.

Nicht gut erfasst werden können Infektionen von vollständig Geimpften, die ohne Symptome verlaufen: «Solche Infektionen würden sich nur per Zufall detektieren lassen, weil sich Geimpfte kaum testen lassen», erläutert Watzl, der auch Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie ist. Und selbst bei symptomatischen Infektionen gebe es sicherlich noch eine Dunkelziffer: «Bei Geimpften besteht die Wahrscheinlichkeit, dass sie Symptome nicht mit Corona in Verbindung bringen, deswegen keinen Arzt aufsuchen und sich nicht testen lassen.»

Dabei sei die Zahl der Impfdurchbrüche ein wichtiges Maß, um festzustellen, wie effektiv die Impfungen tatsächlich schützten. «Hier sehen wir zwei Dinge: Zum einen, dass die Anzahl dieser Durchbruchsinfektionen immer noch den kleineren Teil der Gesamtinfektionen ausmacht, obwohl die Gruppe der Geimpften den größeren Teil bildet. Und daraus kann man ableiten, dass die Impfung vor der Infektion schützt.» Zum anderen fielen Infektionen bei Geimpften deutlich milder aus. «Wir reden in Deutschland von einem Schutz vor symptomatischer Infektion, der zwischen 80 und 90 Prozent und bei schweren Infektionen noch darüber liegt. Das erklärt, warum auf den Intensivstationen fast ausschließlich die Ungeimpften liegen.»

Nicht zuletzt listet das RKI seit Beginn der Impfkampagne in Deutschland insgesamt 1871 Todesfälle infolge von Covid-19 etwa in der Gruppe der 18- bis 59-Jährigen auf, aber nur einen Todesfall einer voll immunisierten Person in der gleichen Altersgruppe.

Auch Sander betont, dass das Risiko, schwer zu erkranken, bei vollständig Geimpften bedeutend kleiner sei. Dabei spiele aber eine Rolle, wie lange die Impfung schon zurück liege und ob man einer Risikogruppe angehöre. Ebenso stellt das Alter einen wichtigen Aspekt dar. So schreibt das RKI: «Unter den insgesamt 335 Covid-19-Fällen mit Impfdurchbrüchen, die verstorben sind, waren 279 (84 Prozent) 80 Jahre und älter.» Das spiegele das generell höhere Sterberisiko - unabhängig von der Wirksamkeit der Impfstoffe - für diese Altersgruppe wider.

Nichtsdestotrotz scheint es auch Impfspezifika für über 60-Jährige zu geben. So berichtet Watzl, dass es ältere Menschen - oder auch Patienten mit geschwächtem Immunsystem - gebe, die zwar zweimal geimpft wurden aber dennoch keine oder nur eine schwache Immunität entwickelt haben. «Diese Personen gelten zwar als geimpft und geschützt, haben aber eigentlich einen geringen bis gar keinen Schutz und ein entsprechendes Risiko, bei einer Infektion schwer zu erkranken.» Der Anteil solcher «Impfversager» liege unter Älteren bei vermutlich fünf Prozent.

«Der einzelne Geimpfte ist gewiss deutlich besser geschützt als ein Nicht-Geimpfter, dieser wiederum kann sich aber nicht mehr darauf verlassen, geschützt zu sein, weil um ihn herum alle geimpft sind», sagt Watzl. Auch Sander warnt gerade angesichts der Delta-Variante davor, dass Geimpfte das Virus unwissentlich verbreiten könnten: «Deswegen sollten auch Geimpfte in bestimmten Bereichen wie dem öffentlichen Nahverkehr weiter eine Maske tragen und sich regelmäßig testen lassen, wenn sie in sensiblen Bereichen arbeiten.»

Recht klar sei, so Sander, dass wir alle bis Ende kommenden Jahres mit dem Virus - sei es nun Delta oder eine andere Variante - in Kontakt kommen würden: «Entweder wir sind dann geimpft, so dass dieser Kontakt wie eine Impfauffrischung wirkt und wir gar nichts oder nur wenig von der Infektion merken, oder wir sind ungeimpft und haben einen Erstkontakt mit dem Virus - und damit das Risiko, schwer zu erkranken.»

(dpa)

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