Letztes Update:
20210625040607

Impfabstände wegen Delta verkürzen?

04:05
25.06.2021
Angesichts der angenommenen Wichtigkeit vollständiger Impfserien zum Schutz vor der Delta-Variante des Coronavirus gibt es eine neue Diskussion um die Verkürzung der Impfabstände. Die Frage sei nicht trivial, teilte Thomas Mertens, der Leiter der Ständigen Impfkommission (Stiko), der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage mit. Es gebe verschiedene Pro- und Contra-Argumente, erklärte der Ulmer Virologe. «Wir versuchen derzeit die notwendige Evidenz zu schaffen.»

Die Stiko empfiehlt bislang längere Zeitabstände zwischen den zwei Impfungen als es gemäß Zulassung der jeweiligen Impfstoffe möglich wäre. Das hat Gründe: Bei Astrazeneca etwa steigt die Wirksamkeit bei längerem Abstand. Zudem sprach die Impfstoffknappheit dafür, zunächst möglichst viele Menschen mit der Erstimpfung zu versorgen.

Bei Astrazeneca lautet der bisherige Rat des Expertengremiums, zwölf Wochen zwischen erster und zweiter Dosis verstreichen zu lassen. Für die mRNA-Impfstoffe (Biontech/Pfizer und Moderna) beträgt der empfohlene Abstand sechs Wochen. Laut Zulassung wären schnellere Impfserien möglich: zwei Biontech-Spritzen im Abstand von drei Wochen, bei Moderna und Astrazeneca im Abstand von vier Wochen.

Beim Vektorimpfstoff von Astrazeneca gilt mittlerweile nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums, dass es Impfwilligen freisteht, den Abstand individuell mit Impfärztinnen und -ärzten im Rahmen des zugelassenen Zeitraums (vier bis zwölf Wochen) zu vereinbaren.

Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) sagte am Donnerstag im «Morgenmagazin» auf die Frage, ob die Abstände verkürzt werden sollten, um schneller Menschen vor Delta zu schützen: Die Herausforderung sei zunächst einmal, dass jeder - mit Ausnahme von Kindern unter 12 - eine Chance zur Erstimpfung bekomme. Bei der Zweitimpfung gehe es weniger um die Frage der Bequemlichkeit des Abstands, sondern mehr um die Wirksamkeit. «Wir wissen eben, dass ein gewisser Abstand die Wirksamkeit der Impfung verbessert.» Er verneinte die Frage, ob eine Verkürzung der Rat der Stunde sei.

Der Immunologe Carsten Watzl schrieb auf Twitter auf eine entsprechende Frage eines Nutzers, dass man bei den aktuell niedrigen Infektionszahlen das lange Astrazenca-Impfintervall nutzen könne.

Der Virologe Christian Drosten weist schon länger darauf hin, dass gerade die erste Impfung gegen Delta noch nicht so viel hilft. Auch Watzl hatte der dpa kürzlich gesagt: «Die Zweitimpfung ist dringend notwendig, um auch die Mutanten gut abwehren zu können.»

«Die aktuellen Impfintervalle, insbesondere bei Biontech, zu verkürzen, macht natürlich Sinn, um möglichst schnell eine vollständige Impfwirkung zu erreichen», erklärte der Vorstandschef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, am Mittwoch. «Die maximale Spreizung der Impfintervalle bei Biontech hat ja lediglich im Mangel der Impfstoffe ihre Begründung.»

Auch in Deutschland werden mittlerweile wachsende Anteile der in Indien entdeckten Delta-Variante verzeichnet. Die Fallzahlen durch die Mutante wachsen bislang aber nur relativ leicht, während der Trend bei den Ansteckungen durch die noch dominierende Mutante Alpha stärker zurückgeht. Perspektivisch wird damit gerechnet, dass Delta auch hier das Infektionsgeschehen dominieren wird.

(dpa)

Forscher raten zu 3. Corona-Impfung für Senioren und Immunschwache

04:01
25.06.2021
Ein halbes Jahr nach dem offiziellen Start der bundesweiten Corona-Impfkampagne am 27. Dezember empfehlen Wissenschaftler eine dritte Impfung für Senioren und Menschen mit Immunschwächen in diesem Herbst. «Wir müssen die nächste Phase beim Impfen jetzt schon andenken», sagte Leif Erik Sander, Infektionsimmunologe an der Berliner Charité, der Deutschen Presse-Agentur. «Ich gehe davon aus, dass wir bei älteren Menschen, die zu Beginn dieses Jahres ihre Erst- und Zweitimpfung erhalten haben, eine nachlassende Immunantwort sehen werden.» Für jüngere und gesunde Menschen seien Auffrischungsimpfungen dagegen noch kein Thema.

Sander hält es für möglich, dass es ohne Auffrischungsimpfung im Winterhalbjahr zum Beispiel in Alten- und Pflegeheimen deshalb zu zusätzlichen Infektionen kommen könnte, «einem gewissen JoJo-Effekt». Ein solcher «Booster» sollte dann nicht allein Hochbetagten, sondern auch Menschen mit einem geschwächten Immunsystem offeriert werden, etwa zum Zeitpunkt der Grippeschutzimpfung im Oktober.

Vom Prinzip her sieht das Thomas Mertens als Vorsitzender der Ständigen Impfkommission ähnlich. Er formuliert es jedoch vorsichtiger: «Die Daten dazu, wer wann erneut geimpft werden sollte, sind noch etwas unsicher», sagt er. «Wir erwarten mehr Anhaltspunkte zur Dauer der Immunantwort nach einer Impfung bis zum August.» Bei einem nachgewiesenen Mangel an Immunschutz bei bestimmten Bevölkerungsgruppen sei relativ kurzfristig eine Nachimpfung zu empfehlen, sagt auch Mertens. «Dafür müssen wir aber erst ganz genau die immunsupprimierten Gruppen mit dem höchsten Risiko definieren.» Es wäre ein Prinzip wie bei den Priorisierungen zum Impfstart im vergangenen Dezember.

«Ich denke, es wird über die Erst- und Zweitimpfungen hinaus im Herbst Impfstoff-Reserven geben», ergänzt Charité-Forscher Sander. «Die Auffrischung würde dann parallel zum Lückenschließen bei den Erst- und Zweitimpfungen laufen.»

Bundesweit war die Corona-Impfkampagne am 27. Dezember 2020 in Alten- und Pflegeheimen gestartet. In Sachsen-Anhalt gab es die erste Impfung schon einen Tag früher.

(dpa)

Alle externen Inhalte nachladen?
Datenschutzerklärung
nachladen