Bundesgesundheitsminister Jens Spahn setzt auf neue Corona-Selbsttests für zu Hause, um Öffnungen des monatelangen Lockdowns abzusichern - mahnt aber trotzdem zur Vorsicht. «Wir sind vielfach müde, pandemiemüde, das Virus ist es nicht», sagte der CDU-Politiker am Mittwoch im Bundestag mit Blick auf ansteckendere Mutationen des Virus. Tests könnten aber Schritt für Schritt helfen, «ein Stück mehr Freiheit wieder zu haben».
Die ersten drei Selbsttests wurden jetzt zugelassen und sollen bald in Apotheken und im Handel zu kaufen sein. Vor erneuten Beratungen von Bund und Ländern in der nächsten Woche wird weiter über mögliche Lockerungsschritte diskutiert.
Spahn schlug eine Kombination der Testmöglichkeiten vor. «Mit mehr Testen finden wir bisher unentdeckte Infektionen», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Dabei könnten Selbsttests perspektivisch Sicherheit in konkreten Situationen geben - etwa bevor man spontan eine Veranstaltung besucht, sich die Haare schneiden lässt oder ins Theater geht.
Dagegen könnten Schnelltests, die geschultes Personal abnehmen muss, mehr Sicherheit im Alltag bringen, wenn man auch einen bestätigten Nachweis braucht - etwa fürs Reisen oder vor Besuchen bei Großeltern. Ein positives Ergebnis ist aber nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) noch durch einen genaueren PCR-Test im Labor zu bestätigen.
Drei Selbsttests für jedermann bekamen nun eine Sonderzulassung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Dabei müssen Proben mit einem Abstrich im vorderen Nasenbereich genommen werden, wie ein Sprecher erläuterte. Die Tests sollen im Handel frei zu kaufen sein.
Spahn sagte, er sei sehr zuversichtlich, dass Woche für Woche deutlich mehr solche Tests auf den Markt kämen. Ob und in welchem Umfang Kaufzuschüsse infrage kommen könnten, hänge vom Preis ab. Es mache einen Unterschied, ob ein Test zwei oder zehn Euro koste. Familienministerin Franziska Giffey (SPD) sagte, vor allem für Kitas und Schulen seien Selbsttests ein Schlüssel für mehr Sicherheit.
Wann auch Schnelltests durch geschultes Personal auf breiter Front als Gratis-Angebot für alle kommen, wollen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Regierungschefs der Länder am 3. März klären. Spahn hatte dies für 1. März angekündigt, es gibt aber noch offene Fragen. Die Schnelltests, bei denen Proben nicht extra ins Labor müssen, sollen etwa in Testzentren oder Apotheken gemacht werden können. Sie werden schon jetzt in Heimen und Krankenhäusern eingesetzt.
Vor den Bund-Länder-Beratungen sprach sich die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) für eine Lockerung der Kontaktbeschränkungen aus. Es wäre sinnvoll, «wenn man wieder auf diese etwas weitere Kontaktbeschränkung geht, die allerdings immer noch sehr streng ist: zwei Haushalte, fünf Personen, die Kinder nicht mitgezählt», sagte sie bei RTL/ntv. Ein Perspektivplan müsse körpernahe Dienstleistungen, Kultur und Gastronomie umfassen.
Auch Hessen plant Lockerungsschritte. Dabei gehe es um mehr Kontakte für eine größere Menschenzahl und das Öffnen von Geschäften, sagte Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU).
Spahn mahnte erneut zu einem vorsichtigen Vorgehen. «Wir wähnten uns auf einem guten Weg, aber dieses Virus gibt nicht einfach auf.» Es sei gelungen, die Dynamik der Pandemie ein ganzes Stück zu brechen. Doch nun breiteten sich ansteckenderen Virusvarianten aus. Zudem gebe es bei Schulen und Kitas bereits Öffnungen.
Bundesweit liegt die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen laut Robert Koch-Institut nun bei 59,3 - etwas niedriger als am Vortag (60,5). Der Höchststand war kurz vor Weihnachten mit knapp 200. Bund und Länder streben ein Niveau von 50 an. Weitergehende Öffnungen sollen bei stabil weniger als 35 möglich sein.