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Baerbock fordert Anspruch auf Corona-Förderung für jedes Kind

14:57
22.02.2021
Grünen-Chefin Annalena Baerbock pocht auf eine stärkere Unterstützung von Schülerinnen und Schülern in der Corona-Krise. Es brauche einen staatlich zugesicherten Anspruch auf Bildung für jedes Kind und jeden Jugendlichen, sagte Baerbock am Montag in Berlin. Dabei gehe es vor allem um jenes Fünftel, dem es an digitaler Ausstattung, Internet zuhause und Unterstützung fehle und die deswegen in den vergangenen Monaten nicht erreicht worden seien.

«Wir brauchen einen bundesweiten Anspruch auf Corona-Förderung für jedes Kind», verlangte Baerbock. Dazu müsse geprüft werden, ob es Rückstände im Lernstoff gebe, damit jedes Kind individuelle Unterstützung bekommen könne. Es brauche einen Fonds, aus dem zusätzliche Nachhilfe bezahlt werden könne, etwa von Studenten im Masterstudium.

Wie schon Grünen-Chef Robert Habeck forderte auch Baerbock eine staatliche Abnahmegarantie für Corona-Schnelltests, damit die Firmen die Produktion der Tests rechtzeitig hochfahren, auch wenn noch Zulassungen fehlen. Allein für die nächsten Wochen müssten zehn Millionen Tests hergestellt werden, sagte Baerbock. «Wir werden in eine Phase der sicheren, schrittweisen Öffnung nicht mit dem Impfen alleine kommen können, sondern wir müssen flächendeckend testen.» Das sei insbesondere in Kitas und Schulen wichtig. Dafür sollte zunächst eine Milliarde Euro an staatlichem Geld allein für die ersten Grundschulklassen bereitgestellt werden, die damit bis zum Sommer auskommen könnten. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) müsse nun ein klares Signal für eine Abnahmegarantie geben.

«Wir sind in einer wahnsinnig sensiblen Situation», sagte Baerbock mit Blick auf zuletzt wieder steigende Corona-Infektionszahlen und einer stärkeren Verbreitung von Mutationen. «Es droht eine dritte Welle und wir müssen jetzt alles dafür tun, diese dritte Welle zu verhindern.» Deshalb könnten weitere Bereiche nicht ohne weiteres geöffnet werden, der Fokus müsse auf dem Bildungsbereich liegen.

(dpa)

Der Richter und seine Webcam - wie Corona die Justiz digitalisiert

14:10
22.02.2021
Der Richter allein vor seiner Kamera, die Klägerbank leer, die Beklagtenbank verwaist - immer mehr Gerichte im Land verhandeln in Zeiten von Corona-Pandemie und Abstandsregeln per Webcam. Rund 1200 Richtern im Land stünde bereits Video-Software zur Verfügung, teilte Justizminister Guido Wolf (CDU) am Montag in Stuttgart mit. Die Corona-Krise beschleunige die digitale Entwicklung. Und Videoverhandlungen würden auch die Jahre nach Corona prägen, sagte Wolf.

Bundesweit setzen Gerichte in der Corona-Krise verstärkt auf Videotechnik. Der Vorteil: Kläger, Beklagte und Anwälte müssen nicht quer durch die Republik reisen, gerade für Risikopatienten ist das eine gute Alternative. Gesetzlich möglich sind Videoverhandlungen aufgrund des Paragrafen 128a der Zivilprozessordnung schon seit Jahren, genutzt wurde diese Möglichkeit bislang kaum. Vor Corona hätten Videoverhandlungen noch ein Nischendasein geführt, sagte Wolf. Aber in der Pandemie habe man die Gunst der Stunde erkannt und die Voraussetzungen in kürzester Zeit ausgebaut.

Vor allem an Arbeitsgerichten und in Zivilprozessen sorgte Corona in den vergangenen Monaten für einen Boom an Videoverhandlungen im Land. 50 Prozent der Güteverhandlungen am Arbeitsgericht Stuttgart werden schon jetzt per Videoverhandlungen durchgeführt. Kontakte müssten soweit wie möglich vermieden werden, der Justizbetrieb könne aber trotzdem nicht eingestellt werden, so der Justizminister. «Der Rechtsstaat muss auch in der Krise funktionieren.» Die Beschäftigten seien mit Laptops ausgestattet worden, auch das Homeoffice werde in der Justiz Teil des Arbeitsalltags bleiben. Bis Ende des Jahres würden alle Gerichte mit Wlan ausgestattet.

Strafprozesse per Webcam sind weiterhin nicht möglich. Für die Bild- und Tonübertragung einer strafrechtlichen Hauptverhandlung gibt es keine gesetzliche Regelung. Bislang sind Zeugenaussagen per Video nur in Ausnahmefällen möglich, etwa wenn dem Opfer eines Sexualdeliktes die persönliche Konfrontation mit dem Angeklagten im Gerichtssaal erspart werden soll. Angesichts der möglicherweise sehr tiefgreifenden Folgen einer strafrechtlichen Verurteilung hält es das Justizministerium auch künftig für erforderlich, dass sich das Gericht einen möglichst unmittelbaren, persönlichen Eindruck vom Angeklagten sowie den Zeugen in strafrechtlichen Hauptverhandlungen machen kann.

Ob eine Verhandlung im Videoformat durchgeführt wird, entscheidet der Richter. Ein rechtlicher Zwang zur Schalte für die Prozessbeteiligten besteht aber nicht, wer persönlich im Gerichtssaal erscheinen will, kann dies weiter tun. Nicht jede Gerichtsverhandlung eigne sich für eine Videokonferenz, etwa bei komplexen Zeugenvernehmungen und hochstreitigen Familiensachen, sagte Wolf.

Besonders Schlichtungsgespräche eigneten sich für Videoverhandlungen, sagte der Präsident des Arbeitsgerichts, Eberhard Natter. 80 Prozent der erstinstanzlichen und 40 Prozent der zweitinstanzlichen Richter dort seien bereits mit Videolizenzen ausgestattet worden. Videoverhandlungen würden auch nach der Pandemie eine große Rolle spielen, sagte Natterer. «Denn es ist eigentlich kaum vertretbar, einen Rechtsanwalt aus Hamburg für einen 20-minütigen Gütetermin nach Stuttgart zu laden, wenn dieser Termin genauso gut virtuell stattfinden kann.»

Am Landgericht Mannheim hätten bereits 31 von 33 Zivilrichter für die Durchführung ihrer Verhandlungen auf Webex-Konferenzen zurückgegriffen, sagte Richter am Landgericht Jens Gomm am Donnerstag. Er sprach von 30 Verhandlungen pro Woche. «Die Anlagen sind eigentlich ständig im Einsatz.» Man wäge aber bei jedem Fall sorgsam ab. Bei Zeugenbefragungen sei er etwa zurückhaltend. «Ich will nicht, dass sich irgendein Zeuge zwischen Tür und Angel mal schnell dazuschaltet.» Da gehe es um die Würde des Gerichts, den Zeugen müsse auch der Ernst der Lage klar sein. Aber er sagt auch: «Die Videoverhandlung ist gekommen um zu bleiben.»

(dpa)

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