Sehr geehrter Herr Landtagspräsident Dr. Rößler,
leider hatte ich nicht die Gelegenheit der interessanten Veranstaltung der Staatsregierung in Chemnitz beizuwohnen. Ich bin vielfach - teils verwundert, teils empört - auf Ihre gestrige öffentliche Äußerung angesprochen worden, nun solle sich ganz Sachsen hinter die Bewerbung der Stadt Chemnitz zur Kulturhauptstadt Europas 2025 stellen. Sie würden dieses Vorhaben für Chemnitz wegen des „angeschlagenen Image“ der Stadt persönlich unterstützen. So berichtet die heutige Ausgabe einer viel gelesenen Tageszeitung und zitiert Sie.
Ich bin im Moment mindestens verwundert und frage mich, ob ich nicht empört sein sollte. Sie sind als formal höchster Vertreter des Freistaats Sachsen meiner Ansicht nach in Situationen, die einen fairen Wettbewerb erfordern, zur Neutralität verpflichtet - in Ihrer Funktion als Landtagspräsident aber natürlich nicht nur da. So gehe ich davon aus, dass Sie dies in einer Ihrer weiteren Funktionen, nämlich der des Präsidenten des Landestourismusverbandes auch so handhaben.
Da der Wettbewerb zum Titel „Europäische Kulturhauptstadt“ vor allem auf konzeptionelle nachhaltige Wirkungen abzielt, die zur Bewerberstadt passen und die realistisch umsetzbar sind, erscheint die vorgeschlagene imagebegründete Hilfestellung für die jetzt schon sehr interessant angelaufene Bewerbungskampagne der Stadt Chemnitz nicht als Hilfe sondern als Behinderung.
Zum Glück herrscht in diesem Wettbewerb der Europäischen Union derzeit ein echter kollegialer Austausch aller Bewerber. Erklärtermaßen stehen der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer, die sächsische Staatskanzlei, Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange und viele ihrer Landtagskolleginnen und -kollegen für eine neutrale Haltung der sächsischen Landesregierung und mit dieser Unterstützung sorgen die Oberbürgermeisterin und die Oberbürgermeister der drei sächsischen Bewerberstädte und ihre Teams dafür, dass auch in Sachsen eine kollegiale und konstruktive Atmosphäre herrscht - in unseren Augen insgesamt positiv außenwirksam für die kulturelle Vielfalt und Zusammenarbeit im Freistaat Sachsen.
Es würde mich sehr freuen, wenn Sie die möglicherweise falsche Zitierung öffentlich richtigstellten. Sollte
die Äußerung von Ihnen im Eifer des Chemnitzer Dialogs tatsächlich so getätigt worden sein, hoffe ich,
dass Sie sich mit der Sächsischen Staatsregierung auf eine gemeinsame Lesart verständigen, die dann
gegebenenfalls auch durch möglichst viele weitere Mitglieder des Sächsischen Landtags vertreten werden
kann.
Vielen Dank!
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Zenker
Oberbürgermeister
Thomas Zenker