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20201214100912

Impfstoff-Hersteller Curevac leitet zulassungsrelevante Phase ein

10:06
14.12.2020
Die ersten Impfstoffe gegen Corona sind schon auf dem Markt, mit ganz vorne liegen das Mainzer Pharma-Unternehmen Biontech und sein US-Partner Pfizer. Das Tübinger Biotech-Unternehmen Curevac kündigte am Montag erst den Start seiner zulassungsrelevanten klinischen Phase-III-Studie an. Mit ersten Ergebnissen der Studie mit wahrscheinlich mehr als 35 000 Teilnehmern rechnet Curevac nach Angaben eines Sprechers Ende des ersten Quartals 2021.

Curevac-Chef Franz-Werner Haas sprach nach dem Start der dritten Phase von einem «Meilenstein in der Entwicklung unseres Impfstoffkandidaten CVnCoV». In der letzten Phase geht es darum, die Sicherheit und Wirksamkeit von CVnCoV bei Erwachsenen an Standorten in Europa und Lateinamerika zu untersuchen.

Ebenso wie bei Biontech basiert der Curevac-Impfstoff auf dem Botenmolekül mRNA, der im Körper die Bildung eines Virus-Eiweißes anregt. Dies löst eine Immunreaktion aus, die den Menschen vor dem Virus schützen soll.

Bis zur Zulassung liegt vor Curevac noch ein längerer Weg. Da praktisch kein Impfstoff mehr ausschließlich für den deutschen Markt zugelassen wird, ist dieses Verfahren größtenteils durch das zentrale europäische Zulassungsverfahren ersetzt worden. Die Europäische Arzneimittel-Agentur (Ema) mit Sitz in Amsterdam ist zentrale Prüfstelle. Die Zulassungsanträge zu den Corona-Impfstoffkandidaten können zur Beschleunigung in einem «Rolling-Review»-Verfahren bewertet werden. Die Beurteilung des Impfstoffkandidaten läuft, bevor alle erforderlichen Daten für einen «normalen» Zulassungsantrag eingereicht wurden. Gibt die Ema grünes Licht, kann die EU-Kommission die Verwendung der Impfstoffe für alle Mitgliedsländer genehmigen.

Eine bedingte Zulassung wie beispielsweise im Fall des Biontech-Impfstoffs soll dringliche medizinische Bedürfnisse befriedigen. Den Antragstellern kann im Interesse der öffentlichen Gesundheit eine bedingte Genehmigung erteilt werden, wenn der Nutzen das Risiko, das von weniger als normalerweise erforderlichen Daten ausgeht, überwiegt. Fehlende Daten beispielsweise zur Langzeitwirksamkeit oder zu bestimmten Subgruppen müssen so schnell wie möglich nachgereicht werden.

Mit der EU-Kommission hat Curevac einen Vertrag über den Kauf von bis zu 405 Millionen Impfdosen geschlossen. Wie viele Dosen nach Deutschland gehen sollen, sagte das Unternehmen nicht.

(dpa/lsw)

Spahn arbeitet an Impf-Verordnung

09:05
14.12.2020
Die FDP wirft der Bundesregierung große Versäumnisse bei der Vorbereitung der geplanten Impfung gegen Covid-19 vor. «Seit Monaten hören wir aus dem Kanzleramt und von den Ministerpräsidenten, dass im Winter eine zweite Welle zu erwarten sei und dass es dann alsbald mit dem Impfen losgehen werde, trotzdem wurden für beides praktisch kaum Vorbereitungen getroffen», kritisierte der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Stephan Thomae.

«Man hätte längst ohnehin leerstehende Veranstaltungsorte als Impfzenten herrichten, zusätzliches Personal für die Verabreichung des Impfstoffes schulen und Impfverzeichnisse anlegen können, damit man weiß, wer überhaupt geimpft werden möchte», sagte der Innenpolitiker der Deutschen Presse-Agentur. All dies sei aber entweder gar nicht geschehen oder - im Falle der Impfzentren - viel zu spät in Angriff genommen worden. Hier seien die Versäumnisse ähnlich groß wie in vielen Schulen, wo die Sommerferien nicht genutzt worden seien für den Einbau von Luftfilteranlagen und die Schulung von Lehrkräften, die sich schwertun mit dem Online-Unterricht.

Die FDP bemängelt außerdem, dass die Bundesregierung die Entscheidung darüber, in welcher Reihenfolge bestimmte Bevölkerungsgruppen geimpft werden sollen, mit einer einfachen Verordnung regeln will. Ihr eigener Entwurf für ein Impf-Gesetz wird im Bundestag voraussichtlich am kommenden Donnerstag debattiert. «Rechtsverordnungen sind in Ordnung, wenn es um technische Abläufe geht, aber hier geht es um Leben und Tod, deshalb braucht es dafür ein Gesetz, über das dann der Bundestag berät», sagte Thomae. Es sei nicht ausreichend, über solche Fragen nur in TV-Talkshows zu sprechen.

Am Wochenende hatte sich auch der CDU-Innenpolitiker Thorsten Frei für ein Votum des Bundestags zur konkreten Reihenfolge möglicher Impfungen gegen das Coronavirus ausgesprochen. Er führte aus: «Entscheidungen, die grundlegende Fragen des Gesundheits- und Lebensschutzes der gesamten Bevölkerung betreffen, sollte nur der Deutsche Bundestag treffen.»

In einer Anfang Dezember veröffentlichten Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages, die Thomae angefordert hatte, heißt es: «Der überwiegend vertretenen Auffassung, wonach die Priorisierung bestimmter Bevölkerungsgruppen beim Zugang zu Impfstoffen eines förmlichen Gesetzes bedarf, das zumindest die wesentlichen Kriterien für die Verteilung eines knappen Impfstoffes regelt, ist zuzustimmen.»

Grund für eine Prioritätensetzung für Impfungen ist, dass zu Beginn noch nicht genug Impfstoff für alle Interessierten verfügbar sein dürfte. Einen sehr groben Rahmen für einen Vorrang besonders gefährdeter Gruppen hat der Bundestag in einem kürzlich beschlossenen Gesetz abgesteckt. Die Ständige Impfkommission (Stiko) will eine genauere Empfehlung geben - laut einem Entwurf sollen Ältere über 80, Pflegeheimbewohner und bestimmtes Personal mit hohem Infektionsrisiko zuerst zum Zug kommen. Endgültig festlegen soll die Prioritäten eine Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums. Viele logistische und praktische Fragen sind allerdings - etwa dreieinhalb Wochen vor den voraussichtlich ersten Impfungen in Deutschland - noch nicht abschließend geklärt.

In der vergangenen Woche hatten die Innenminister gefordert, Polizisten sollten früher als in den Empfehlungen vorgesehen geimpft werden, da sie einen engen Kontakt mit Bürgern oft nicht vermeiden könnten. Ähnliche Forderungen gab es für medizinisches Personal - auch außerhalb von Krankenhäusern. Thomae sagte, so wie die Impfung jetzt vorbereitet werde, habe er Zweifel, ob wirklich im Herbst 2021, wie von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kürzlich angekündigt, auch der Hälfte der Bevölkerung, die keiner der prioritären Gruppen angehört, ein Impf-Angebot gemacht werden könne.

Er sagte, er könne noch keine langfristige Strategie erkennen. «Der Impfschutz hält, wie bei einer Grippe-Impfung ja nicht ewig, da kann es sein, dass mitten in der Phase, in der eigentlich die Jüngeren ohne Vorerkrankungen und systemrelevante Jobs geimpft werden sollen, wieder die Gruppe der Über-80-Jährigen an der Reihe ist.»

Die FDP hält es auch nicht für notwendig zu warten, bis jedes nationale Institut die europäische Zulassung des Impfstoffes von Biontech und Pfizer nachvollzogen habe. Aus seiner Sicht spreche nichts dagegen, in Deutschland ein paar Tage früher mit den Impfungen zu beginnen, sollte das für die anschließende nationale Zulassung zuständige Paul-Ehrlich-Institut seine Arbeit dazu abgeschlossen haben. Schließlich sei die Verteilung der Impf-Dosen unter den EU-Staaten bereits geregelt und funktioniere nicht wie ein Windhund-Rennen, «wir würden also niemandem etwas wegnehmen».

(dpa)

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