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Pandemielage im Südwesten weiter angespannt

07:38
09.10.2020
Die Pandemielage in Baden-Württemberg bleibt weiter angespannt. Die Zahl der nachgewiesenen Coronavirus-Infektionen stieg am Donnerstag im Vergleich zum Vortag um 584, wie die Gesundheitsbehörden am Abend mitteilten. Insgesamt haben sich nun 52 806 Menschen nachweislich mit dem Erreger Sars-CoV-2 angesteckt. Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus blieb konstant bei 1898.

Die größten Sorgen bereit den Behörden derzeit der Corona-Hotspot Kreis Esslingen. Dort stieg die Sieben-Tage-Inzidenz am Donnerstag erneut - auf nun 54,6. Das heißt: So viele Menschen haben sich auf 100 000 Einwohner an den vergangenen sieben Tagen nachweislich infiziert.

Ab Freitag müssen dort auf öffentlichen Plätzen wie in der Fußgängerzone oder auf Wochenmärkten Masken getragen werden, wenn kein ausreichender Abstand eingehalten werden kann. Das hatte Landrat Heinz Eininger am Donnerstag mitgeteilt. Private Feiern in öffentlichen oder angemieteten Räumen sind nur noch erlaubt, wenn höchstens 25 Menschen teilnehmen. In privaten Räumen dürfen nicht mehr als zehn Menschen zusammenkommen.

Mit der Landeshauptstadt Stuttgart bewegt sich zudem eine weitere Region auf die kritische Marke von 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen zu. Dort lag der Wert am Donnerstag bereits bei 43,7. Mehrere Stadt- und Landkreise liegen inzwischen nur noch knapp unter dem Warnwert von 35 für die Sieben-Tage-Inzidenz. So etwa der Kreis Göppingen mit 34,9.

Trotz der ansteigenden Infektionszahlen klagte die FDP-Fraktion über «Alarmismus» und kritisierte erneut das Vorgehen der Landesregierung. «Wir fordern die Landesregierung auf, von ihrer Zahlenfixierung der positiven Laborergebnisse bei Covid-19 weg zu kommen», teilten der Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Rülke und der gesundheitspolitische Sprecher, Jochen Haußmann, mit. So müssten etwa schwere Krankheitsverläufe berücksichtigt werden. «Ein Alarmismus anhand von unreflektierten Zahlen trägt jedoch nur zur Verunsicherung bei.»

(dpa/lsw)

Großstädte wollen Corona-Anstieg bremsen

04:21
09.10.2020
Angesichts stark gestiegener Corona-Infektionszahlen berät Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Freitag (12.30 Uhr) mit den Verantwortlichen der elf größten deutschen Städte über die Lage. An der Videokonferenz werden nach Angaben eines Regierungssprechers die Oberbürgermeister und Bürgermeister von Berlin, Hamburg, Bremen, München, Frankfurt am Main, Köln, Düsseldorf, Dortmund, Essen, Leipzig und Stuttgart teilnehmen.

Die Corona-Entwicklung gerade in den Großstädten besorgt die Politik zunehmend. In Berlin, Frankfurt und weiteren Städten wie Bremen hat die sogenannte 7-Tage-Inzidenz den kritischen 50er-Wert überschritten. Er bildet die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen ab und ist ein wichtiger Grenzwert für schärfere Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. Zur Lage in der Hauptstadt und der Gesamtentwicklung wollen sich am Morgen Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) und der Virologe Christian Drosten äußern.

Am Donnerstag war bundesweit die Zahl der Neuinfektionen sprunghaft auf mehr als 4000 Neuinfektionen binnen eines Tages gestiegen. Städtetagspräsident Burkhard Jung bezeichnete den rasanten Anstieg als Alarmzeichen. «Ob es gelingt, die zweite Corona-Welle zu bremsen, wird sich in den nächsten Wochen in den großen Städten entscheiden», sagte der Leipziger Oberbürgermeister der Deutschen Presse-Agentur. «Denn dort leben viele Menschen auf dichtem Raum.»

«Die Städte tun alles, um die Pandemie unter Kontrolle zu halten», sagte Jung. Viele Städte handelten bereits nach einem Stufenkonzept. «Sobald in einer Stadt die bundeseinheitlichen Stufen von 35 oder 50 Corona-Erkrankungen je 100 000 Einwohner überschritten werden, greifen strenge Auflagen. Das können eine ausgeweitete Maskenpflicht sein, Obergrenzen bei Veranstaltungen oder eingeschränkte Besuchsregeln in Krankenhäusern oder Pflegeheimen.» Jung warnte zugleich, wenn die Neuinfektionen weiter rasant stiegen, erreichten die Gesundheitsämter ihre Grenzen.

Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) will im Gespräch mit Merkel dafür werben, dass sich die Metropolen bei ihren Corona-Maßnahmen noch besser koordinieren. «Das schafft Verlässlichkeit und Vertrauen», sagte Feldmann der dpa.

Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn erinnert die Lage stark an die Situation im März. «Immer mehr Fälle werden registriert, das Infektionsgeschehen wird diffuser. Das bereitet uns Sorgen», sagte der Grünen-Politiker. «Wir wollen einen weitreichenden Lockdown verhindern.» Deshalb würden private Zusammenkünfte eingeschränkt. In der baden-württembergischen Landeshauptstadt waren angesichts steigender Infektionszahlen bereits am Mittwoch die Auflagen für Feiern verschärft worden.

Bremens Regierungschef Andreas Bovenschulte (SPD) sagte der dpa: «Wir werden jetzt alles daran setzen, dass die Zahl der Neuinfektionen je 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen wieder unter den kritischen Wert von 50 gedrückt wird.» Die Obergrenze war am Donnerstag in der Hansestadt gerissen worden. Seitdem gelten schärfere Regeln für private Feiern, öffentliche Veranstaltungen und auch für das Tragen von Masken.

In Berlin gelten ab Samstag eine nächtliche Sperrstunde und strengere Kontaktverbote für drinnen und draußen. Die meisten Geschäfte sowie alle Restaurants und Bars müssen von 23.00 Uhr bis 06.00 Uhr schließen. Im Freien dürfen sich von 23.00 Uhr bis 06.00 Uhr nur noch fünf Personen oder Menschen aus zwei Haushalten versammeln. An privaten Feiern in geschlossenen Räumen dürfen nur noch maximal 10 statt bisher 25 Personen teilnehmen. Zudem gibt es eine allgemeine Maskenpflicht in Büro- und Verwaltungsgebäuden.

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) verteidigte die Bundeshauptstadt vor Kritik: «Wer einen Vorschlag hat, wie man es besser macht als Berlin, soll ihn nennen», sagte er dem «Spiegel». Das Bashing einzelner Städte oder Länder helfe nicht weiter. «Es gab Zeiten, da hatte München die höchsten Infektionsraten. Und da hat auch niemand gesagt, dass das an der Natur der Münchner liegt.»

Auch die Bundesregierung warnte vor dem Städtegipfel eindringlich vor einer Verschärfung der Lage. Kanzleramtschef Helge Braun sagte in der ZDF-Sendung «Maybrit Illner», man müsse erreichen, dass Corona-Kontakte vollständig nachvollziehbar seien. In einigen Hotspots gelinge das nicht mehr. Der CDU-Politiker mahnte die Menschen über den Herbst und Winter, noch einmal Disziplin zu wahren und sich die Corona-App herunterzuladen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) rief in der Sendung «ARD extra» die Menschen auf zu überlegen, ob eine geplante Reise oder Feier jetzt sein müsse.

Auch der Chef des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, meldete sich mahnend zu Wort. «Niemand kann behaupten, dass wir aktuell die Infektionsausbreitung unter Kontrolle hätten», sagte Montgomery der «Passauer Neuen Presse» (Freitag). Zwar sei Deutschland von einer Überforderung des Gesundheitswesens noch weit entfernt, doch «wir müssen diesen Kontrollverlust eindämmen», mahnte Montgomery. 

(dpa)

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