Richtige Zeit, richtiger Ort - oder einfach nur der entscheidende Mensch am Telefon oder an der Liste? Wie das auch immer passiert sein mag, doch mein Mann ist geimpft. Schon bevor das übliche Prozedere abgeschlossen ist und er einen schriftlichen Impftermin per Mail erhält, hat er sich als Freiwilliger für die „Reste-Rampe“ gemeldet - so nennen wir zuhause die Vergabe der übrigen Impfdosen am Ende des Tages. So muss der Inhalt der geöffneten Fläschchen nicht vernichtet werden. Spontan und jederzeit verfügbar, so hatte sich mein Mann angemeldet. „Und ich nehme alles.“ Gestern kommt dann ganz plötzlich der Anruf, und spät am Abend machen wir einen Ausflug ins Impfzentrum. Am Telefon war meinem Mann angekündigt worden, dass es trotz allem sein könne, dass nichts für ihn übrig bleibe - er sich also möglicherweise vergeblich auf den Weg mache. Das sei nicht ungewöhnlich, es gebe viele Freiwillige, die mehrere Anläufe benötigen, bis sie geimpft werden, heißt es. Egal. Wir setzen uns hoffnungsvoll ins Auto. Am Zentrum angekommen, muss mein Mann alle möglichen Stationen absolvieren, doch er steht auf der Liste - als letzter für die Reste-Rampe des Tages. Ganz unten auf dem Zettel. Ob es reichen wird? Lange bleibt das unklar. Per Textnachricht versorgt mein Mann uns mit Informationen. „Ich war beim Fiebermessen.“ „Die ganzen Dokumente wurden jetzt kontrolliert.“ „Ich sitze noch.“ Die Zeit vergeht so langsam, dass es sich wie Stunden anfühlt. Und doch ist es richtig spannend, wir drücken feste die Daumen. Erst gegen 22.30 Uhr, er sitzt zu diesem Zeitpunkt schon lange, erfahren die Freiwilligen von einer Ärztin: Es reicht für alle, die da sind. Und nicht wie erwartet AstraZeneca ist übrig, sondern das Vakzin von Moderna. Mein Mann ist glücklich. Und sogar so euphorisch, dass er der Ärztin spontan erklärt, seine Frau sitze in der Tiefgarage, wenn es genügend Impfstoff gebe, dann könne sie schnell kommen. Das sei kein Problem. Das sagt er übrigens, ohne seine Frau von dem Vorschlag zu informieren... Diese hat nämlich gar keinen Impfpass dabei. Doch die Ärztin winkt ohnehin ab: So viel sei nicht übrig. Dann gibt es für meinen Mann den Piks - und den Eintrag in den Impfpass. Um Mitternacht kommen wir wieder zuhause an - mit der ersten geimpften Person unserer Familie an Bord! Niemals hätten wir gedacht, dass ein Impftermin so spannend sein kann! Mein Mann resümiert das Ganze am Ende so: „Das war wie früher an Weihnachten. Da haben wir uns gefragt: „Gibt es Geschenke oder nicht?“ Es war also ein erfolgreiches Weihnachtsfest. Doch früher hätte er sich über eine Impfspritze unterm Baum nicht so gefreut...
Eva Baumgartner