Vom Glauben reden ist gar nicht sooo schwer. Ein paar Kleinigkeiten sind dabei allerdings schon zu beachten. Heute: G wie Glaubwürdigkeit.
Wie entsteht der Eindruck der Glaubwürdigkeit, wenn jemand redet? Erhöht es die Glaubwürdigkeit, wenn jemand beim Amtseid nicht nur auf eine Bibel schwört, sondern gleich auf zwei? Wohl kaum, selbst wenn es sich bei dem Schwörenden um den amerikanischen Präsidenten handelt und bei der zweiten Bibel um sein persönliches Exemplar, das er als Kind von seiner Mutter erhalten hat. Schon Jesus hat das Schwören abgelehnt. Schwören erhöht die Glaubwürdigkeit nicht, da können noch so viele Bibeln aufeinandergetürmt werden! Im Gegenteil: Glaubwürdig ist der, der in seiner Rede grundsätzlich klar und eindeutig ist und auf Schwüre und viele Worte verzichtet. „Euer Ja sei ein Ja, euer nein sei nein.“ (nach Mt 5,37)
Na gut, wer vom Glauben redet, schwört ja normalerweise ohnehin nicht. Doch damit ist es nicht getan. Wer aufs Schwören verzichtet, hat noch niemanden überzeugt. Überzeugende Rede entsteht nach Aristoteles vor allem durch drei Faktoren: durch Sachkompetenz (Logos), durch Leidenschaft (Pathos) und durch die moralische Integrität des Redners (Ethos).
Ein Redner, der überzeugend sein will, muss also erstens wissen, wovon er redet. Der Eindruck der Sachkompetenz wird normalerweise durch Faktenwissen hervorgerufen. Das ist natürlich bei der Glaubenskommunikation schwierig. Schließlich geht es ja um den Glauben, und das ist eben etwas anderes als Wissen – auch wenn beides gerne verwechselt wird. Ich will mich da gar nicht ausnehmen: Sicher habe ich selbst schon versucht, mit Bibelwissen zu punkten. Das hilft aber nicht weiter, wenn zum Beispiel die Bibel vom Gegenüber gar nicht als Argument akzeptiert wird. Was mich in Glaubensgesprächen zunehmend überzeugt, ist ehrliche Selbstreflexion. Wenn ich den Eindruck habe, da ist jemand in seinem Glauben bewusst, und er kann Rechenschaft darüber ablegen, was er glaubt, warum er glaubt und wie ihm das in welchen Situationen hilft (oder auch nicht), dann beeindruckt mich das oft mehr als viele Bibelzitate.
Besonders glaubwürdig finde ich übrigens Gläubige, denen auch der Zweifel nicht fremd ist. Wenn Samuel Harfst seinen Hit „Privileg“ singt, erzählt er gelegentlich von einem Konzert, das er beinahe abgeblasen hätte, weil er an dem Tag so voller Zweifel war, dass er nicht guten Gewissens von den Wundern singen konnte, die der Herr heute noch tut. Wenn er dann doch von den täglichen Wundern singt, weiß man: Hier steht jemand, der die Zweifel nicht ausblendet – und doch am Glauben festhält. Und das macht seine Botschaft umso glaubwürdiger.
Eine Rednerin muss zweitens leidenschaftlich reden, wenn sie überzeugend sein will. Für den römischen Rhetoriker Marcus Tullius Cicero ist dies das Entscheidende: "Nichts ist in der Beredsamkeit wichtiger, als dass der Zuhörer dem Redner geneigt sei und selbst so erschüttert werde, dass er sich mehr durch einen Drang des Gemütes und durch Leidenschaft als durch Urteil und Überlegung leiten lasse." Das darf natürlich nicht dazu führen, dass Sachargumente keine Rolle mehr spielen. Aber grundsätzlich hat Cicero hier ganz einen wichtigen Punkt erkannt: Der Zuhörer muss dem Redner geneigt sein. Und um das zu erreichen, kann es nicht schaden, wenn der Redner umgekehrt seinen Hörern geneigt ist. Menschen werden vor allem dann gewonnen, wenn ein Redner sie gewinnen will – und nicht, wenn er eine Auseinandersetzung gewinnen will. Wem es dagegen nur darauf ankommt, als Sieger vom Platz zu gehen, der wird kaum überzeugend sein – auch wenn er noch so gute Sachargumente hat. Wie wahr! Und wie wenig wird das verstanden! Daran kranken so viele Streitgespräche, aber auch so viele Predigten. Wer andere vom Glauben überzeugen will, dem muss es um den Gesprächspartner gehen und nicht um sich selbst!
Ein Redner muss schließlich ein anständiger Mensch sein, wenn man ihm glauben soll. Anständig nicht im Sinne von Manieren und Höflichkeit, sondern im Sinne von moralischer Integrität. Wer unanständiger Weise lügt, dem glaubt man nicht (und wenn er auch die Wahrheit spricht). Wer unanständiger Weise seinen Partner betrügt, der empfiehlt sich nicht gerade als Moralapostel (auch wenn beides gar nicht so selten zusammentrifft, paradoxer Weise!). Wer unanständiger Weise Geheimnisse verrät, der empfiehlt sich nicht als Seelsorger. Und umgekehrt: Bei wem man eine Leidenschaft für Wahrheit, Treue und das Wohl des Nächsten spürt, dem kauft man auch leichter ab, was er sagt. Das Leben predigt eben mit, so einfach ist das. #evjulife #glaubwürdig #Glaubenskommunikation #kommunikationdesevangeliums #Privileg #heutenochwunder