Vom Glauben reden ist gar nicht sooo schwer. Ein paar Kleinigkeiten sind dabei allerdings schon zu beachten. Hier mein ABC der Glaubenskommunikation. Heute: R wie Respekt.
Evangelisation und Respekt – wie passt das zusammen? Muss Evangelisation nicht grundsätzlich von der eigenen Überlegenheit gegenüber Andersdenken ausgehen? Der, der das Evangelium kennt, ist dem, der es nicht kennt oder jedenfalls nicht anerkennt, überlegen – so ist es doch, oder?
Sehen wir das nicht auch bei Jesus? Hat Jesus nicht ganz klar zur Umkehr aufgerufen? Hat er denen, die seinem Ruf zur Umkehr nicht nachkamen, nicht unmissverständlich klar gemacht, was das für Konsequenzen hat, nämlich ewige Verlorenheit?
Ja, das hat er. Zumindest gelegentlich – und interessanter Weise besonders gegenüber denen, die sich sicher waren, auf die Seite der Guten zu gehören.
Und doch sehen wir gerade bei Jesus auch noch etwas Zweites: Respekt. Gerade gegenüber denen, die von anderen gering geachtet werden, zeigt Jesus Respekt. Wenn die Jünger ihn vor den Kindern abschirmen wollen, sagt er: „Lasst die Kinder zu mir kommen!“ und er stellt sie den Erwachsenen sogar als Vorbild gegenüber. (Mk 10,13-16) Fällt ihm am Wegesrand ein berüchtigter Zöllner auf, so erweist er gerade ihm die Ehre der Tischgemeinschaft. (Lk 19,1-10) Jesus hegt Sympathie für den „reichen Jüngling“, selbst wenn der ihm die Gefolgschaft verweigert. (Mt 19,16-30) Er macht Zugeständnisse gegenüber einer Fremden aus Syrophönizien, für deren Probleme er sich eigentlich nicht zuständig fühlt, die ihn aber mit ihrer Hartnäckigkeit beeindruckt. (Mk 7,24-30) Gut möglich, dass diese Begegnung dazu beigetragen hat, dass Jesus seinen Horizont erweitert und von da an auch die Nicht-Juden in den Blick genommen hat!
Ein besonders deutliches Zeichen des Respekts ist natürlich auch die Fußwaschung. Jesus weiß genau, dass einer von denen, denen er die Füße wäscht, sein Gegner ist. Und doch macht er hier keinen Unterschied und wäscht auch ihm die Füße! (Joh 13,1-11)
Wären unsere Gespräche und Auseinandersetzungen über Glaubensfragen doch von solchem Respekt geprägt! Dann würden wir einem Gesprächspartner zum Beispiel sagen, und zwar selbst dann, wenn er völlig anderer Meinung ist als wir: „Ich höre mir gerne an, was dich im Innersten bewegt. Mag sein, ich sehe die Dinge anders, aber das ist okay. Erst einmal möchte ich dir zuhören. (Und natürlich freue ich mich, wenn du dann auch mir zuhörst.)“
Wie viele Missverständnisse könnten so vermieden werden, wenn wir endlich einander zuhörten! Wie viele Enttäuschungen könnten umgangen werden, wenn nicht Misstrauen, sondern Offenheit unsere Gespräche prägte! Vor allem aber: Wie viel fruchtbarer könnten unsere Kommunikationsversuche in Sachen Glauben sein, wenn sie grundsätzlich von Respekt getragen wären.
Bei Poetry Slams gilt die Regel: „Respect the poet!" Wer sich auf die Bühne stellt und seine Gedanken preisgibt, verdient schon alleine dafür Respekt – ganz unabhängig davon, wie seine Performance dann ist. Keiner wird ausgelacht oder gedisst. Jeder bekommt erst einmal Applaus.
Bei Glaubenszeugnissen sollte dasselbe gelten: „Respect the witness!“ (Respektiere den Zeugen!) Es erfordert Mut, über den Glauben zu sprechen. Wenn jemand diesen Mut aufbringt, ist das anerkennenswert. Die Kritik ist immer zweitens. #respectthepoet #respekt #glaubenskommunikation #evjulife