Vom Glauben reden ist gar nicht sooo schwer. Ein paar Kleinigkeiten sind dabei allerdings schon zu beachten. Hier mein ABC der Glaubenskommunikation. Heute: Ö wie Ökumene.
In dem sehr sehenswerten Film „Ein Mann seines Wortes“ sagt Papst Franziskus, es könne für Christen nicht darum gehen, andere zu bekehren. Das verbiete der Respekt vor dem anderen. Wenn man das ernst nimmt – hat dann so etwas wie Evangelisation überhaupt noch eine Berechtigung?
Wenn mit Evangelisation die „Christianisierung“ der Ungläubigen gemeint ist, sind hier tatsächlich Fragezeichen angebracht. Doch es gibt alternative Evangelisationskonzepte. Eberhard Tiefensee spricht in diesem Zusammenhang von einer „Ökumene der dritten Art“. (Anerkennung der Alterität. Ökumene mit den Religionslosen, in: Herder Korrespondenz. Spezial (2010) Nr. 1, 39–43) Danach gibt es analog zur interkonfessionellen ‚Ökumene der ersten Art‘ und der interreligiösen ‚Ökumene der zweiten Art‘ auch eine Art Ökumene zwischen Christen und Konfessionslosen – Ökumene verstanden als respektvollen Austausch auf Augenhöhe und wechselseitige Anregung.
Ökumene in diesem Sinne kann sehr unterschiedlich aussehen. Ein Beispiel: Im Sommer war ich mit einer Gruppe von Jugendlichen auf „Null-Euro-Tour“. Null-Euro-Tour, das heißt, wie der Name schon andeutet: ohne Geld unterwegs – und übrigens auch ohne Planungen für die Unterkunft. Essen, Trinken und Quartier müssen spontan organisiert werden – als Gegenleistung für unserer Hände Arbeit: Unkraut jäten, Müll sammeln, Auto waschen – was halt so anfällt. Das geht natürlich nur mit einer großen Portion Gottvertrauen; aber auch das Vertrauen in die Menschenfreundlichkeit der Zeitgenossen darf nicht fehlen.
Zeitgenossen wie Sabrina, eine Fahrradtouristin, neben deren Zelt wir unser Schlafsacklager aufgeschlagen hatten. Sabrina ist konfessionslos, doch als sie von unserem Projekt hörte, war sie sehr interessiert. Beim Abendessen setzte sie sich zu uns, und auch am anschließenden geistlichen Austausch nahm sie teil. Es stellte sich heraus, dass es trotz des unterschiedlichen weltanschaulichen Hintergrundes eine Reihe von Berührungspunkten gab. Später spendierte sie uns vier frische Brote. Und sie erklärte: „Damit will ich euer Projekt unterstützen. Ihr habt mir übrigens auch etwas geschenkt: nämlich eine kostbare Erfahrung, von der ich noch meinen Enkeln erzählen werde.“
Für einen Moment haben wir, die christliche Jugendgruppe und die Konfessionslose, unsere Kräfte zusammengetan, weil wir ein gemeinsames Anliegen hatten, das vielleicht mit den Stichpunkten Wagnis, Begegnung, Nächstenliebe und Perspektivwechsel umrissen werden kann – auch wenn auf unserer Seite natürlich noch das Gottvertrauen hinzuzufügen wäre. Doch die Tatsache, dass unsere Anliegen nicht deckungsgleich waren, trug ja auch zum Reiz der Begegnung bei.
Zugegeben, das ist ein sehr einfaches Beispiel. Doch es zeigt, dass es sich lohnen kann, auch konfessionslose Zeitgenossen als potenzielle Partner auf Augenhöhe zu sehen. Wenn es – wie in diesem Beispiel – gut läuft, nehmen alle etwas mit (und zwar nicht nur Brot!). Allerdings wird das nur gelingen, wenn beide Seiten bereit sind, dem andern offen und wohlwollend zu begegnen, im Sinne einer Partnerschaft eben und nicht im Sinne einer wie auch immer gearteten Lehrer-Schüler-Beziehung.
Kompliziert wird es natürlich, wenn es über solche ersten Schritte hinaus darum geht, gemeinsame Rituale zu entwickeln. Doch die Friedensgebete im Herbst 1989 oder die „Feiern zur Lebenswende“ mit ungetauften Jugendlichen im Erfurter Dom und anderswo zeigen, dass das nicht nur möglich ist, sondern im günstigsten Fall eine besondere kreative Kraft freisetzt: „‚Da wird man ja fast neidisch, wenn man die ‚Feier zur Lebenswende‘ mit einigen unserer Firmungen vergleicht‘“, kommentierte spontan eine Liturgiewissenschaftlerin ein Video der Erfurter Initiative.“ (ebenda)
Ökumene heißt „bewohnte Welt“. Das betrifft potenziell alle Weltbewohner und nicht nur die religiösen oder gar die evangelischen (bzw. katholischen etc.). Ökumene ist ein schlechthin umfassender Begriff. Zum Wohl der Welt zusammenwirken auch mit Konfessionslosen – warum denn nicht? Und wenn dabei das Evangelium nicht verschwiegen, sondern „angeboten“ wird, hat das mehr mit Evangelisation zu tun als auf den ersten Blick scheinen mag. #glaubenskommunikation #ökumenederdrittenart #nulleurotour #kommunikationdesevangeliums #evjulife