Vom Glauben reden ist gar nicht sooo schwer. Ein paar Kleinigkeiten sind dabei allerdings schon zu beachten. Hier mein ABC der Glaubenskommunikation. Heute: K wie Konversion.
Bei vielen evangelistischen Veranstaltungen gibt es einen „Aufruf zur Bekehrung“ oder „zur Entscheidung“. Meistens steht irgendwo ein großes Kreuz. Am Ende der Predigt ruft der Prediger dazu auf, zum Kreuz zu kommen, um dort ein „Übergabegebet“ zu sprechen oder mit einer Symbolhandlung zum Ausdruck zu bringen, dass man ab jetzt zu Jesus gehören will. Beliebt ist der Daumenabdruck an einem Holzkreuz oder, wie zuletzt bei ProChrist, ein buntes Band, das man ans Kreuz knüpft.
Dabei gehen die Meinungen über diesen Aufruf auseinander: Für die einen geht es nicht ohne, für die anderen ist es eine unzulässige Nötigung und wieder andere haben zwar keine grundsätzlichen Bedenken, lehnen den Aufruf zur Bekehrung allerdings ab, weil die meisten Besucher ja ohnehin schon Christen sind und die Aktion nur für die paar Gäste in Frage kommt, die noch nicht entschieden sind.
Alle haben natürlich gute Gründe für ihre Position: Für den Aufruf spricht vor allem, dass eine Entscheidung für Jesus bekräftigt wird, wenn sie mit einem öffentlichen Bekenntnis oder einer öffentlichen Aktion verbunden ist. Wenn man aufgestanden ist, vor den Augen der anderen nach vorne gegangen ist und vor ihren Ohren ein Übergabegebet (nach-)gesprochen hat, wird man diesen Schritt nicht so schnell vergessen. Man wird sich daran erinnern – dann zum Beispiel, wenn irgendwann Zweifel aufkommen, wie real das Umkehrerlebnis eigentlich war. Und wenn man nach dem Gang zum Kreuz noch mit einem Mitarbeiter gesprochen hat, dann hat man bereits angefangen, diese Erfahrung zu verarbeiten. Vielleicht hat man auch noch eine Nummer bekommen, wo man anrufen kann, wenn Fragen auftauchen; und im besten Fall hat man auch gleich noch eine Gemeinde oder einen Kreis empfohlen bekommen, wo man den gefundenen Glauben einüben und leben kann.
Doch es gibt auch ernstzunehmende Bedenken gegen den Aufruf zur Entscheidung: Der öffentliche Charakter der Aktion kann dazu führen, dass Druck aufgebaut wird, die Erwartungen des Predigers (sichtbar) zu erfüllen. Umgekehrt kann es auch die Hemmschwelle erhöhen, wenn alle zuschauen. Weder das eine noch das andere ist wünschenswert. Eine Möglichkeit, der sozialen Kontrolle zu entgehen, ist die Bitte des Predigers, dass alle die Augen schließen, während diejenigen, die eine Entscheidung getroffen haben, aufstehen oder die Hand heben. Dann bleibt die Entscheidung eine Sache zwischen dem Einzelnen und Gott – mit allen Vor- und Nachteilen.
Und auch die dritte Position hat ihr Recht: Denn allen Bemühungen um die Zielgruppe der Konfessionslosen oder noch nicht Entschiedenen zum Trotz bildet die Gruppe der Christen in den meisten Evangelisationsveranstaltungen praktisch die überwiegende Mehrheit. Wenn diese Veranstaltungen immer nur auf den Aufruf zur Entscheidung hinauslaufen, betrifft das die meisten gar nicht. Oder aber, was nicht selten vorkommt, sie fühlen sich trotzdem angesprochen und werden zu „Wiederholungstätern“, indem sie sich zum zweiten, dritten oder vierten Mal „entscheiden“ (jedes Mal mit dem Vorsatz, es jetzt endlich „richtig“ zu machen – bis zum nächsten Mal).
Der Aufruf zur Entscheidung tendiert dazu, die Dinge schwarz-weiß zu malen – dann jedenfalls, wenn es ausschließlich um Bekehrung geht. Doch das ist eine Engführung! Weiter führt der Begriff der Konversion. Nach der „Greifswalder Konversionstypologie“ ist Bekehrung – oder, so ein anderes Wort dafür: „Lebenswende“ – nur eine Form von Konversion. Zu einer umfassenden Lebenswende kann es kommen, wenn das Evangelium auf Konfessionslose (oder aus der Kirche Ausgetretene) trifft. Im besten Fall öffnen sie sich dann dem Glauben an Jesus Christus, lassen sich taufen und nehmen Anteil an der Gemeinschaft des Glaubens. Trifft das Evangelium dagegen auf Christen, so kann es ebenfalls zu Konversionserfahrungen kommen: Bei Kirchennahen, denen der Glaube viel bedeutet, sprechen die Greifswalder von „Vergewisserung“; handelt es sich um die sog. „treuen Kirchenfernen“, die dem Glauben nur wenig Bedeutung beimessen, so sprechen sie von „Entdeckung“. Beides ist eine Form von Umkehr, von Konversion! (J.Zimmermann/A.-K.Schröder (Hg.), Wie finden Erwachsene zum Glauben?, Neukirchen-Vluyn 2010, S.30)
Wer sagt denn, dass Christen keine Umkehr bräuchten! Schon der alte Luther sprach davon, dass das ganze Leben der Gläubigen Buße sein soll. Wo immer das Evangelium seine lebensverändernde Kraft entfaltet, ist das Ergebnis Umkehr – nicht mehr und nicht weniger. #konversion #greifswalderkonversionstypologie #umkehr #bekehrung #aufruf #glaubenskommunikation #evjulife