Vom Glauben reden ist gar nicht sooo schwer. Ein paar Kleinigkeiten sind dabei allerdings schon zu beachten. Hier mein ABC der Glaubenskommunikation. Heute: I wie Inspiration.
Vom Thomas Edison, der ja als Erfinder mit dem Thema Erleuchtung zu tun hatte, stammt das Zitat: „Genialität ist 1% Inspiration und 99% Transpiration.“ Mal ganz davon abgesehen, dass nicht jeder ein Genie ist (und auch gar nicht sein muss) – was Edison sagen will, ist klar: Genialität ist mehr das Ergebnis harter Arbeit als das Ergebnis von Eingebung. Wer überzeugen will, muss die grauen Zellen anstrengen. Aber er braucht auch eine zündende Idee. Sonst entsteht der Eindruck: Schöne Fleißarbeit, aber der Funke springt nicht über.
Diesen Eindruck habe ich, ehrlich gesagt, bei vielen Predigten, die ich so höre: Fleißarbeit. Da hat sich jemand hingesetzt und hat Kommentare gewälzt und Predigtmeditationen gelesen. Das Ergebnis sind viele kluge Gedanken – doch ob der Funke überspringt, ist eine ganz andere Frage. Oft fehlt die Inspiration, die zündende Idee, was in dieser Situation wichtig und hilfreich ist.
Wie aber kommt man dazu?
Ich höre schon die Antwort: ‚Die Inspiration kommt natürlich aus der Bibel. Alles, was man braucht, steht im Buch der Bücher.‘
Ich glaube allerdings, das greift zu kurz. Ja, die Bibel ist das Fundament. Aber die ewige Wiederholung dessen, was das Fundament vorgibt, ist noch keine Botschaft, die eine konkrete Zielgruppe in einer konkreten Situation anspricht. Wer ein Haus baut, begnügt sich auch nicht damit, das Fundament zu legen. Wenn ein Haus daraus werden soll, in dem Menschen leben können, müssen auf dem Fundament Zimmer gebaut werden, ein Treppenhaus, ein Dach, etc.
Eine inspirierte Botschaft ist eine Botschaft, die im Geist, „im Spiritus“ ankommt. Wenn sie da, in meinem Geist, etwas auslöst, dann ist es eine Inspiration. Wenn nicht, ist es bloß eine Information.
Solche Prozesse brauchen oft Zeit. Deshalb ist es so wichtig, mit einer Botschaft schwanger zu gehen. Für mich heißt das: Wenn ich am Ende der Woche eine Rede zu halten habe, fange ich nach Möglichkeit spätestens am Anfang der Woche damit an, mich damit zu beschäftigen. Nicht mit dem Ziel, am ersten Tag schon das fertige Konzept zu haben, sondern mit dem Ziel, den Prozess zu starten. Eine Nacht drüber schlafen bringt oft mehr als langes Kopfzerbrechen. „Es ist umsonst, dass ihr früh aufsteht und hernach lange sitzt und esst euer Brot mit Sorgen, denn seinen Freunden gibt’s der Herr im Schlaf.“ (Ps 127,2) Da ist was dran.
Zum Schwangergehen mit einer Botschaft gehört aber noch etwas anderes: sich mit anderen austauschen. Denn da muss ich mich dem anderen verständlich machen, und wenn ein Gedanke noch unklar ist, merke ich das spätestens an der Reaktion meines Gesprächspartners. Genauso, wenn ich mich gedanklich auf dem Holzweg befinde. Oder wenn der Gedanke zwar richtig ist, aber unwichtig. Oder oder oder. Und natürlich können auch die Gedanken des anderen für mich zur Inspiration werden. Das Gespräch ist eine ganz wichtige Inspirationsquelle!
Das mag nichts Neues sein, zugegeben. Umso unverständlicher, dass vermutlich die überwiegende Mehrzahl aller Predigten im stillen Kämmerlein des Predigers entstehen, unter Ausschluss sämtlicher Gesprächspartner!
Und noch unverständlicher wird das, wenn man bedenkt, dass schon das Alte Testament beim Umgang mit der Schrift den Dialog fordert. In den Anweisungen zur Gestaltung der Bundeslade heißt es: „An den beiden seitlichen Enden der Deckplatte werden zwei geflügelte Kerubenfiguren aus getriebenem Gold angebracht. Sie stehen einander zugewandt, den Blick auf die Deckplatte gerichtet; … . Dort will ich dir begegnen. Von der Deckplatte aus, von der Stelle zwischen den beiden Keruben, werde ich mit dir reden und dir alle Anweisungen für das Volk Israel geben.“ (Ex 25,18f.22)
„Einander zugewandt, den Blick auf die Deckplatte gerichtet“ – das heißt doch wohl nichts anderes als: Gottes Wort ist im Dialog auszulegen! (Nebenbei steckt darin gleichzeitig ein Plädoyer gegen Einseitigkeit und Fundamentalismus.) Geht es zu weit, wenn man sagt: Der Ort der göttlichen Inspiration befindet sich im Zusammenspiel zwischen mir, der Schrift und dem Nächsten?
Ich denke nicht. Wie sagt Gott? „Dort will ich dir begegnen.“ #evjulife #inspiration #dialog #glaubenskommunikation