Zeitreisen sind für mich als Live-Bloggerin nichts Ungewöhnliches – meist lande ich im Jahr 2000. Also damals, als man gerade das neue Jahrtausend eingeläutet hatte und diese neue Erfindung „Internet“ argwöhnisch beäugt hatte – ob sie sich wohl durchsetzen würde? Heute, fast zwei Jahrzehnte später, wissen wir: nein, dieses „Internet“ hat sich in der digitalen Wüste Deutschland immer noch nicht ganz durchgesetzt – zumindest nicht, was so manche Eventlocation betrifft.
Denn dort herrschen leider oft nicht die Event-Manager, sondern die Location-Manager (sprich: die Hausmeister der Halle, die eingeteilt wurden, um auf die „komischen Event-Typen“ aufzupassen), die WLAN für ein kostbares Gut halten, zumindest in diesem Fall: Der ohnehin sehr gestresste Location-Manager – dauernd hatte irgendwer eine Frage, so war das nicht abgemacht! – hielt mir nach meiner Frage, wie ich online gehen könne, ein LAN-Kabel hin (im Jahr 2003 sicher der letzte Schrei!). Das könne ich ja im Raum des Orga-Teams benutzen – aber nicht in dem Saal, in dem ich den Live-Blog schreiben musste.
Ich bestand also auf WLAN (was wir im Vorfeld auch mit den Veranstaltern abgemacht hatten) und ließ damit die Stimmung des Location Managers weiter in den Keller sacken. Dann drückte er mir einen schlecht kopierten Zettel mit einem kaum leserlichen WLAN-Code in die Hand – den müsste ich mir aber mit all den anderen hier teilen und man könne sich damit nur abwechselnd einwählen, weil pro Code nur ein Gerät zugelassen werde. Als ich dann wirklich sehr freundlich um einen weiteren Code bat, weil mein Live-Bloggen so einfach nicht möglich sei, war es endgültig aus. Sein Blick schwankte inzwischen zwischen Ekel, Verachtung und purem Entsetzen. So etwas hätte wirklich noch niemand von ihm verlangt! Man hätte ihm doch vorher sagen müssen, dass Leute hier WLAN nutzen wollen! Seine Reaktion war so emotional, dass sich der Event-Manager zum Schutz schon leicht vor mich schob. Und ich fühlte mich, als hätte ich hätte irgendeine Perversion von diesem Location-Manager verlangt… und nicht einfach nur funktionierendes WLAN!
Am Ende, viele Panikattacken von mir später, dass ich wohl den ersten Offline-Blog der Welt schreiben muss, schaffte es der Event-Manager – dem mein ewiger Dank gilt – einen funktionierenden Zugang für mich zu organisieren. Seitdem schicken mich die zwei besten Chefs der Welt immer mit Notfall-Hotspot zu den Events, damit ich nicht mehr in der digitalen Wüste verdurste. Man muss es einfach akzeptieren: an einigen Orten in Deutschland schreiben wir eben immer noch das Jahr 2000.
Dr. Diana Mantel