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Geschichten haben keine Pässe. Wenn sie dich ansprechen, dann ist das deine Nationalität."

Carlos A. Morelli, Regisseur von "Der Geburtstag"
20:38
03.09.2019
Antje Landmann Moderator Josef Schnelle und Regisseur Carlos A. Morelli

Eine doch nicht so deutsche Geschichte

19:58
03.09.2019
Wie kann ein Regisseur aus Uruguay, der nicht fließend Deutsch spricht, so eine absolut deutsche Geschichte wie in „Der Geburtstag" drehen? Die Zuschauer wundern sich. Regisseur Carlos A. Morelli konnte es kaum abwarten, mit dem Publikum ins Gespräch zu kommen und der sympathische Südamerikaner, der in Berlin lebt, hat treffliche Antworten parat. „Es gibt keine deutschen Geschichten", sagt er. „Und auch keine französischen oder italienischen. Es gibt nur Geschichten." Als er den „Geburtstag" in Shanghai präsentiert habe, hätten die chinesischen Zuschauer den Konflikt des Vaters, aufgerieben zwischen Beruf und Familie, ebenfalls gut verstanden und den Regisseur gefragt: „Wie können Sie in einem deutschen Film eine so chinesische Geschichte erzählen?" Sie sei eben einfach menschlich, meint Morelli, der eigentlich eine Karriere als Violinist begann, dann aber sein Talent fürs Drehbuchschreiben entdeckte und auf Anhieb Erfolg hatte.

Als er frisch Vater geworden sei, habe er - wie sein Protagonist Matthias (gespielt von „Tatort"- und „Dark"-Star Mark Waschke - darum gerungen, eine enge Bindung zu seinen zwei Kindern aufzubauen, daher kam er auf dieses Thema: ein gestresster Mann, der die Geburtstagsfeier seines Sohnes mit der Ex-Frau ausrichtet, aber er hat noch nicht einmal ein Geschenk dabei und ist mit den Gedanken bei dem beruflichen Projekt, dessen Deadline ansteht. Als ein kleiner Gast nicht abgeholt wird und er den Jungen nach Hause bringt, beginnt eine Fahrt durch die Nacht. Nicht nur die Nacht, alles ist in Schwarzweiß gehalten und schwelgt im Stil des Film noir, auch in der nostalgischen Ausstattung, die den Film so wunderbar „aus der Zeit fallen lässt", wie eine Zuschauerin anmerkt.  Minutiös habe er Tapeten und Strukturen für die Hintergründe ausgesucht, bestätigt Morelli. „Ich genieße es einfach, an der ästhetischen Wirkung der Bilder zu feilen." Auch das ungewöhnliche Sound-Design lässt den Film zwischendurch ins Surreale changieren. Vielleicht doch eine Prise Magischer Realismus aus Südamerika? Oder vor allem eine anspielungsreiche Hommage an die Filmgeschichte? Szenen aus „Vertigo", dem „Glöckner von Notre-Dame" oder „Batman" habe er nicht systematisch zitiert. Sie kamen einfach. „Diese Bilder trage ich in mir, seit ich sie gesehen habe. Als wäre ich selbst Teil der Filmgeschichte."

Antje Landmann