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Antje Landmann

Experimentelles Essen für alle

10:02
25.08.2019
Der Film gelte in Deutschland nicht als wertvolle Kunst, meint Festival-Direktor Michael Kötz in der "Filmakademie für alle", die schon um 11 Uhr am Sonntagmorgen das Diskussionszelt füllte. "Film gilt vielen als das, was man umsonst um 20.15 Uhr im Fernsehen kriegt." Er findet drastische Worte und übt Kritik, mit welch einfacher Kost sich der Film-Mainstream und viele Zuschauer zufriedengeben. In Hollywood werde nach einem Raster erzählt und dieses Schema durch die ökonomische Dominanz den Zuschauern weltweit eingebläut. "Als würde man behaupten, Essen sei Hamburger mit Pommes, das sei die Ernährung schlechthin und alles andere sei nur experimentelles Essen."

Aber es gibt noch so viel mehr. Er spricht von der Nouvelle Vague, von Godard, Truffaut, vom indischen Vierstünder und der chinesischen Vorliebe für Tableaus. Am meisten aber erklärt er im Gespräch mit dem Filmproduzentena Wolfgang Esser, wie unser filmischer Blick geprägt wurde: durch wirtschaftliche Bedingungen, aber auch die Psychologie. "Machen Sie mal ein Kreuzchen auf Ihrem Fernseher. Die Augen sind im Schuss-Gegenschuss-Prinzip des amerikanischen Films immer an derselben Stelle." Die gut 100 Zuhörer, die bis zum Schluss aufmerksam lauschten, lachten amüsiert. "Und warum sind die Augen immer dort? Das ist unser Traum davon, uns zu verbinden und nur ein Mensch zu sein", interpretiert Kötz, der sich mit der Psychoanalyse Jacques Lacans auseinandergesetzt hat.

Ja, man darf Zuschauern und Zuhörern tatsächlich etwas an Intellektualität zumuten! Das wagt die Akademie, aber sie ist in Kötz' Fabulierlust auch gut bekömmlich verpackt. Teil 2 folgt um 15 Uhr, wo es um Filme geht, die sich auf die Entwicklung eines Charakters konzentrieren, um komplexe Inszenierungen und Filme, die sich auf ein zentrales Bild fokussieren wie den Untergang der Titanic. 


Termin

Die Akademie geht weiter am Sonntag, 25. August, 13. 30 bis 15 Uhr im Diskussionszelt

Antje Landmann

Foto: Tatjana Klöckner