NEUES AUS „NICHT NUR ROMANTISCH“ # 8
Fontane und der (un)vergessene Rösel
In seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ machte Theodor Fontane mitunter Halt in Bornstedt, heute ein Teil Potsdams und in nächster Nachbarschaft zum Schloss Sanssouci. Dabei beschrieb er auch den Friedhof mit allerlei Prominenz und stellte vor dem Grabe eines ihm unbekannten Professor Samuel Rösel die Frage: „Wer war er?“ (Havelland, Bd. 2, Erstauflage 1873). Damit setzte er sich bei einem Teil seiner Leserschaft direkt in die Nesseln. Die zweite Auflage seiner Havelland-Bände (1880) ergänzte Fontane reumütig um ein ausführliches Kapitel zum besagten Professor. Doch: „Wer war er?“
Allein aus den Zuschriften, die Fontane erhielt, wie auch einem Zeitungsartikel, die er in sein Kapitel aufnahm, zeigt sich ein lebhaftes Bild.
Johann Gottlob Samuel Rösel, am 9.10.1768 in Breslau geboren, war ein Meister der Landschaft in Sepiazeichnung, ein Zeichenlehrer mit einem Vortragsstil, den er selbst als „knackern“ bezeichnete, und ein überaus geselliger Zeitgenosse.
Für das Studium der Architektur ging Rösel nach Berlin an die Königliche Preußische Akademie der Künste. Karriere machte er jedoch als Zeichenlehrer an der Akademie wie auch im Privatunterricht. So gehörten zu seinen Schülern Karl Friedrich Schinkel, Carl Friedrich Lessing, Felix Mendelssohn-Bartholdy, Elisa Radziwiłł und Kronprinz Friedrich Wilhelm IV. von Preußen.
Rösel wurde nicht nur für seine Kunstfertigkeit bewundert, sondern auch besonders als Person und Gesellschaft geschätzt. Vielfach wird in den Briefen an Fontane betont, dass Rösel mit Familien wie den Schadows, Humboldts und Mendelsohns oder mit Carl Friedrich Zelter und Georg Wilhelm Friedrich Hegel befreundet und praktisch jeden Tag woanders eingeladen war. Mit Nachdruck wird auf seinen Witz, gar Sarkasmus, und seine geistreiche Gesellschaft hingewiesen.
Rösel bereiste mehrmals Italien, aber auch Schlesien, was sich in den erhaltenen und in der Ausstellung gezeigten Zeichnungen beweisen lässt.
Zum Ende seines Lebens brachte König Friedrich Wilhelm IV. seinen alten Zeichenlehrer Rösel, der nicht mehr in bester Konstitution war, nach Schloss Charlottenhof, wo er wohnte und von Familien des Hofgärtners und Kastellans gepflegt wurde. Er verstarb am 8.7.1843 und wurde auf dem Bornstedter Friedhof beigesetzt. Noch in den 1820er und 1830er Jahren berühmt in Berlin, schien er bald vergessen. Nicht ganz ohne Ironie liest sich da die Beschreibung Fontanes vom Grab im Bornstedter Kapitel: „… um die rostbraunen Stäbe winden sich Vergißmeinnichtranken“.