Etwa eine Stunde dauerte die erste Vernehmung von Niels Högel in diesem Verfahren. Was für einen Eindruck macht er? Högel spricht mit norddeutschem Zungenschlag, man hört jedem seiner Sätze an, dass er aus in der Region um Wilhelmshaven kommt. Er trägt einen gepflegten Dreitagebart, seine Haare sind kürzer als noch im vergangenen Prozess, das Haupthaar zurückgekämmt, an den Seiten raspelkurz.
Högel scheint abgenommen zu haben. Äußerlich wirkt er gefasst. Sollte er nervös sein oder gar aufgerüttelt von der weit über eine Stunde dauernden Anklage-Verlesung: Es wäre ihm nicht anzumerken. Sowie es überhaupt schwerfällt, irgendeine emotionale Regung in seiner Mimik und Gestik auszumachen. Högel hält Blickkontakt mit dem Vorsitzenden Richter, ins Publikum schaut er nicht.
In seinen Aussagen müht er sich um Struktur, oft wirkten seine Sätze aber, als wären sie auswendig gelernt. Immer wieder nimmt er Bezug auf das Gutachten, das von ihm erstellt wurde. Er sagt etwa: „Ich habe es im Gutachten so genannt.“ Als er einmal von „man“ spricht, korrigiert sich Högel umgehend: „Nicht man, sondern ich.“
Nico Schnurr